Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

WASSILKO, Theophila: Die Internationale Musik- und Theaterausstellung Wien 1892 und das Obersthofmeisteramt

476 Theophila Wassilko Was haben wir dieser Ausstellung konkret gesehen nun zu verdanken? Zum erstenmal ist hier der Versuch unternommen worden, die Musik und das Theater zum Gegenstand einer Ausstellung zu machen. Und er muß, wie das achtbändige Katalogswerk, von dem wir schon gesprochen haben, beweist, als gelungen bezeichnet werden. Guido Adler nennt es einen „kost­baren Überrest der in ihrer Art einzigen Unternehmung“ . .. „die wohl niemals mehr ihresgleichen finden dürfte“ 65). Ein weiteres nicht hoch genug zu wertendes Ergebnis ist die Ent­deckung der Instrumentensammlung des Erzherzogs Franz Ferdinand aus dem 16. und 17. Jahrhundert, einer Sammlung von „unschätzbarem Werte“ 6ä), die zur Bildung eines Instrumentenmuseums Anregung gegeben hat. Die Herausgabe der „Denkmäler der Tonkunst“ verdankt dieser Aus­stellung neue Winke und Weisungen. Dasselbe gilt für die Orlando Lasso- Forschung, die durch Edierumg bisher unbekannter Dokumente gefördert wurde. Die Bereicherung der kaiserlichen Sammlungen — der Rajah Sourindro Mopun Tagore in Kalkutta machte dem Naturhistorischen Museum eine Sammlung altindischer Musikinstrumente zum Geschenk; auch andere Staaten stellten sich mit Geschenken ein — muß ebenfalls als ein positives Ergebnis der Ausstellung gebucht werden. Leider ist es nicht gelungen, Wien das Ausstellungsorchester zu erhalten und so dem Bedürf­nis nach einem zweiten Orchester schon damals nachzukommen. Die finanziellen Ziele der Ausstellung wurden nicht erreicht. Die Humanitätsanstalten gingen damals leer aus. Doch, wer denkt heute noch daran! Das Defizit ist überwunden. Ein Lächeln ist davon übriggeblieben, hervorgerufen durch die humorvolle Zeichnung Zajakowskis. Es war das Vergängliche. Die Spannungen, die „vielen unangenehmen Momente“ und Schwierigkeiten, sie sind vergessen. Unvergänglich aber sind die Anregun­gen, die von der Musik- und Theaterausstellung ausgegangen sind, der Kontakt zwischen Künstlern und Gelehrten, der sich in mehrmonatiger gemeinsamer Arbeit angebahnt, der Kulturaustausch, der sich hier voll­zogen hat. Der europäische Geist hat sich in Wien, das mit vollem Recht der Sitz dieser Ausstellung wurde, ein Stelldichein gegeben und in dieser grandiosen Kulturschau — es haben 26 deutsche und österreichische Universitäten, Herrscherfamilien, Geistlichkeit, Hofinstitute, städtische Institute etc. etc. ausgestellt — seine Einheit dokumentiert. Diese Aus­stellung ist ein Ereignis gewesen. Sie hat sich „einen bleibenden Markstein in der Kunstgeschichte Wiens“ errungen und wird darum unvergessen bleiben im Gedächtnis dieser Stadt. Auf die Leistungen der Musik- und Theaterausstellung Wien 1892, niedergelegt in Katalog und Festschrift, wird bei ähnlichen Anlässen gerne zurückgegriffen. Daher bietet diese Ausstellung auch heute noch eine unversiegbare Quelle, aus der immer wieder geschöpft werden kann. «5) Guido Adler, Wollen und Wirken, S. 60 f.

Next

/
Oldalképek
Tartalom