Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

WASSILKO, Theophila: Die Internationale Musik- und Theaterausstellung Wien 1892 und das Obersthofmeisteramt

Die Internationale Musik- und Theaterausstellung Wien 1892 478 Man hat der Kommission des öfteren, auch von Seite offizieller Stellen wie Hofbibliothek, Generalintendanz — hier der oft erwähnte Dr. Wlas- sack — Mangel an Methode, Planlosigkeit, Improvisation vorgeworfen. Das mag bis zu einem gewissen Grade zutreffen. Vielleicht aber wäre diese Ausstellung mit einem Mehr an Methode und Systematik überhaupt aktions­unfähig geworden, vielleicht an den sich himmelhoch auftürmenden Schwie­rigkeiten persönlicher und sachlicher Natur zerschellt. Man muß bei Beur­teilung dieser Ausstellung immer darauf hinweisen, daß sie in Idee und Gestaltung und in diesem Ausmaß etwas völlig Neues war und auf keiner­lei Vorbilder und Erfahrungen zurückgreifen konnte. Wenn nun die Hofbibliothek in ihrem mehrmals zitierten Bericht davon spricht, daß der Amanuensis der Hofbibliothek Dr. Rudolf Beer nach Spanien geschickt werden mußte, um das „planlos Versäumte“ nachzu­holen38), muß dem gegenüber Dr. Beer selbst gehört werden. „Spanien leidet an der Größe seiner Vergangenheit... Menschenalter emsiger Arbeit müssen vergehen, bis der Spanier alles dessen inne wird, was seine Vor­fahren ihm überliefert.“ Diesem Material „von wahrhaft erdrückender Größe“ steht der nahezu vollständige Mangel an Bibliographien, Katalogen, Verzeichnissen gegenüber, die diese Quellen erst zugänglich machen wür­den. Zu diesen Schwierigkeiten der Beschaffung kamen noch die des Trans­portes im fremden Land. Beer nennt es ein „nicht genug zu rühmendes Verdienst der Wiener Ausstellungsverwaltung und des Komitees in Madrid“, die es durch „Anstrengungen und Opfer“ ermöglicht haben, daß Spanien an dieser Ausstellung mit einer reichen Sammlung wertvoller Aus­stellungsobjekte vertreten war* 57). Was hier für die Forschung geleistet und in die Wege geleitet wurde, läßt sich tatsächlich „in Gulden und Kreuzern“ nicht ausdrücken. Ein oftmals erhobener Vorwurf war das verspätete Erscheinen des Kataloges, für das man die Leiter der musik- und theaterwissenschaft- lichen Abteilung verantwortlich machte. Der Musikreferent der Wiener Zeitung beschuldigt die „gelehrten Tiftler“ 58) der „Saumseligkeit“ und greift insbesondere Professor Adler mit der Behauptung an, daß dieser die Mithilfe der ihm zur Seite stehenden wissenschaftlichen Kräfte an dieser Arbeit nicht gewünscht habe, um der „alleinige Quell alles Guten“ zu bleiben58). Adler wie Glossy nennen im Vorwort zu ihren Katalogen (erschienen am 23. Juli und 29. Juli 1892) ihre Mitarbeiter sowohl an den Vorarbeiten als an der Schlußredaktion und betonen ausdrücklich, daß ohne deren Hilfe die Herausgabe des Kataloges zu diesem Zeitpunkt über­haupt unmöglich gewesen wäre. Die in aggressivem Ton gehaltenen An­58) OHA. 10/44, 1892, ZI. 1671; H. B. vom 15. März 1892, ZI. 145. 57) Festschrift, „Spanien“, v. Dr. Rudolf Beer, S. 171. 58) Wiener Zeitung, 22. Juni 1892. 59) Wiener Zeitung, 12. Mai 1892.

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