Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
REGELE, Oskar: Die Schuld des Grafen Reinhard Wilhelm von Neipperg am Belgrader Frieden 1739 und an der Niederlage bei Mollwitz 1741
Die Schuld des Grafen Neipperg am Belgrader Frieden 387 des Großveziers aufgesucht hat und dem man gestern erlaubt hat in mein Zelt zu kommen, bei mir bitter beklagt hat, er habe noch niemals vom Großvezier eine befriedigende Antwort erhalten können und dieser wolle nur über den Frieden verhandeln, wenn man ihm vorher Belgrad überlasse ... ! “ Es wurde auch noch der Versuch unternommen, die Quellen des türkischen Staatsarchivs zu befragen und es konnte durch Vermittlung der österreichischen Gesandtschaft in Ankara und dank dem großen Entgegenkommen des Archivs und des türkischen Ministerratspräsidiums 4S) nachstehende Auskunft erhalten werden: „Auf Grund von Untersuchungen konnte festgestellt werden, daß sich die Fermankopien in Bezug auf die Rückeroberung von Belgrad auf den Seiten 471—472 des Buches No 115 Mühimme befinden, daß aber in keiner Weise ein Übergabeangebot durch Oberst Graf Gross auf Befehl des Feldmarschalls Olivier Graf Wallis erwähnt ist.“ Es kann also als feststehend angenommen werden, daß Wallis auf keinen Fall Belgrad angeboten, daß aber auch Oberst Gross kein derartiges Angebot vorgetragen hat, sonst wäre ja der Friedensschluß viel früher erfolgt. Wie dem gegenüber Schwachheims Behauptung zu betrachten bleibt, kann nicht so ohneweiteres beantwortet werden. Tatsächlich wurde ja ununterbrochen wegen der Übergabe der Festung verhandelt und es muß daher bei allen Gesprächen davon irgendwie die Rede gewesen sein; in der Aussage Schwachheims dürfte wohl ein Irrtum inso- ferne unterlaufen sein, als ein Gespräch über die Überlassung Belgrads als Angebot von Seite des Obersten Gross ausgelegt worden ist. Es bedurfte aber gar keines Angebotes, es handelte sich nur um die alte türkische Forderung nach Abtretung Belgrads, die anzunehmen war oder nicht. So konnte auch N e i p p e r g nicht etwas anbieten, was gar nicht mehr Gegenstand eines Angebotes sein konnte. Es mag den Anschein haben, als handle es sich hier um ein bloßes Wortspiel und doch ist es ausschlaggebend, das Mißverständnis vom Angebot aus dem Wege zu räumen. Nun bleibt noch zu klären, wie es um die Festung Belgrad im August 1739 bestellt war. Der Feldzug 1736/39 zählt zu den wenig glücklichen Unternehmungen der habsburgischen Heere. Dreimal mußte der Kaiser den führenden Feldherrn — Seckendorf, Königsegg, Wallis — wechseln, die Außenpolitik war nicht erfolgreich und die Rüstungen mangelhaft, da sich die Stände und die Hofkammer in der Verminderung der militärischen Erfordernisse gegenseitig überboten und diese Versäumnisse im späteren Kriegsverlaufe nicht mehr gut machen konnten. Was sie nachholten, blieb unwirksam, da besonders Wallis im letzten Kriegsjahr durch seine militärischen Maßnahmen, durch seinen infolge Krankheit gesteiger- 43 43) T.C. Basbakanlik, Negryat ve Müdewenat Umum Müdürlügü, Sayi 1046 vom 9. 2. 1952. 25*