Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
REGELE, Oskar: Die Schuld des Grafen Reinhard Wilhelm von Neipperg am Belgrader Frieden 1739 und an der Niederlage bei Mollwitz 1741
Die Schuld des Grafen Neipperg am Belgrader Frieden 375 in Holitsch interniert, sodann in der Festung Glatz inhaftiert. Nach dem Tode Karls VI. amnestierte Maria Theresia die Generale und sie berief Neipperg beim Überfall Friedrichs II. von Preußen auf Schlesien am 27. 12. 1740 zum Oberkommandanten in Schlesien und ernannte ihn mit 19. 3. 1741 zum Feldmarschall. Nach dem Verlust der Schlacht bei Mollwitz kam Neipperg als Adlatus zu Karl von Lothringen, sodann wieder 1742 nach Luxemburg. Der dritte Lebensabschnitt hat einen versöhnlichen Ausklang. Als Berater Georgs II. von England im Stabe der Pragmatischen Armee hatte der Feldmarschall 1743 noch Anteil am Siege von Dettingen, dann verbrachte er seine weiteren Lebensjahre als kommandierender General in Österreich, als Vizepräsident des Hofkriegsrates und als Stadtkommandant von Wien und starb hochbetagt in der Residenzstadt am 26. 5. 1774. II. Der Krieg 1736/39 war für Österreich eine große Verlegenheit, da ihn niemand recht wollte und auch ein unmittelbarer Grund zu einem neuen Kampf gegen die Pforte fehlte. Allerdings ergab sich aus dem 1726 mit Rußland geschlossenen Vertrag die Verpflichtung, gegen die Türkei mitzukämpfen, seit diese an Rußland den Krieg erklärt hatte. Bartenstein versprach sich 3) von einer Teilnahme am Kriege die Vertreibung der Türken aus Europa, während der Kaiser innerlich den Krieg, von dem sich auch Preußen fernhielt, ablehnte, und vom ersten Kriegstage an auf die Wiederherstellung des Friedens hinarbeitete. Diese Einstellung zum Kriege wirkte sich auf die militärischen Unternehmungen hemmend aus, sie begünstigte aber auch nicht einen raschen Frieden. Am Nemirower Kongreß lehnte 1737 die Türkei abschließende Vereinbarungen ab, da ihr die Forderungen der Gegenseite zu hoch erschienen. Im Dezember dieses Jahres wurde dann der französische Botschafter in Konstantinopel, General Marquis de V i 11 e n e u v e, von den Kriegführenden mit der Mediation betraut und er begann am 10. 2.1738 seine diesbezüglichen Besprechungen, in deren Verlaufe d i e Pf o rt e bereits ihren Anspruch auf Belgrad eindeutig anmeldete. Die maßgebenden Generale — Königsegg, Wallis, Neipperg — rieten zu territorialen Zugeständnissen und noch vor Fortsetzung des Krieges im Jahre 1739 stellte Sinzendorf in einem Briefe vom 11. 3. am V illene uve weitgehende Friedensangebote4). Am 4. 4. 1739 erfolgte ein konkretes Angebot des Kaisers, das von den Türken zurückgewiesen wurde, und im Juli war man sogar mangels einheitlicher Kriegführung mit dem Verbündeten zu einem Separatfrieden entschlossen, soferne annehmbare Bedingungen zu erreichen gewesen 3) A. R. v. Arneth: „Johann Christoph Bartenstein und seine Zeit“, im „Archiv für österr. Geschichte“, 46. Bd., Wien 1871. 4) K.A., Feldakten, Türkenkrieg 1739; 3 — 1 — 25, S. 20 (3).