Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

BENNA, Anna Hedwig: Studien zum Kultusprotektorat Österreich-Ungarns in Albanien im Zeitalter des Imperialismus (1888–1918)

Studien zum Kultusprotektorat Österreich-Ungarns in Albanien 17 nal, Baron Bruck, fragten sich angesichts des steigenden Interesses der italienischen Regierung an der Schutzfrage im Orient, ob der Vatikan da­mit einverstanden sein könnte, da Frankreich sich nach wie vor der Sym­pathien Leos XIII. und seines Staatssekretärs erfreute21). Die Regierung Crispi befleißigte sich seit der Mitte des Jahre 1888 keiner wohlwollenden Haltung mehr, sie nahm in der Frage der Subventionierung der Missions­schulen eine ausgesprochen unfreundliche Haltung gegenüber dem Heiligen Stuhl ein. Die Weitergewährung der Subventionen wurde an Bedingungen geknüpft, welche für kirchliche Institutionen einfach unerfüllbar waren 22). Es wurde von den Missionsschulen die Verbreitung der italienischen Sprache und die Erweckung von Sympathien für das italienische Königs­haus verlangt23). Die Regierung versuchte den Charakter der Missions­schulen ihren Zielen durch Festlegung der Schulprogramme, Inspektionen der Anstalten durch italienische Regierungsfunktionäre und vor allem durch Unterstellung der Schulen unter den Schutz der Vertretungs­behörden gemäß zu machen24 *). Die entschiedene Ablehnung dieser Zu­mutungen von Seiten des Heiligen Stuhles bestärkten die Regierung Crispi in ihrer laizistischen, kirchenfeindlichen Haltung. Es folgte ein über einige Jahre, bis zum Sturz des Kabinettes Crispi sich erstreckender Kleinkampf zwischen den auf konfessionloser Basis von der italienischen Regierung in der Türkei mit einem großen, finanziellen Aufwand errichteten Staats­schulen und den Missionsschulen, der mit einem Sieg der Missionsschulen endete. Der ganze kostspielige Apparat der italienischen Staatsschulen in der Türkei, die sich keines großen Zuspruches erfreuten, mußte 1891 ab­gebaut werden23). Leo XIII. und Rampolla wußten den Wert des Nuntia­turprojektes und die Haltung der italienischen Regierung wohl einzu­schätzen. Crispis Schulpolitik ließ nichts an Deutlichkeit über seine Ab­sichten zu wünschen übrig. Es darf daher nicht überraschen, wenn die Propaganda sich in dem Dekret vom 22. Mai 1888, Aspera rerum con­ditio26), eindeutig für den status quo itn der Schutzfrage entschied und 21) PA XII, 235. Bericht Bruck, Rom Q, 1888 Juni 2. Vgl. Lammeyer, a. a. 0., S. 95. 22) PA XII, 235. Bericht Calice, Konstantinopel, 80 D, 1888 Dezember 22. 23) Vgl. Lammeyer, a. a. O., S. 95. 24) PA XII, 236. Bericht Calice, Konstantinopel, 80 D, 1888 Dezember 22. 2ä) Vgl. dazu die zahlreichen Konsulatsberichte in Liasse Türkei XIII A (PA XII, 236), vor allem den Bericht Hohenwart, Beilage zu Bericht Bruck, Rom Q, 20 C, 1891 März 10. 2G) Text bei Lammeyer, a. a. O., S. 80 Consulibus aliisque auctoritatis civilis Italicae, qui in locum missionum forte advenerint, nullum in ecclesiis honorem reddi sinent. Norunt protectionem Galliace nationis per regiones Orien­tis a saeculis esse invectam, et conventionibus etiam inter imperia initis firma­tam. Quapropter hac in re nil prorsus innovandum; protectio huiusmodi, ubi­cunque viget, servanda religiose est, eaque de re monendi missionarii, ut si quando auxilio indigeant, ad consules aliosque Gallicae nationis administros 2 Mitteilungen, Band 7

Next

/
Oldalképek
Tartalom