Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)

BLAAS, Richard: Probleme und Methoden der Archivalienrestaurierung

372 Richard Blaas werden. Gallo zählt allein 67 Arten von papierfressenden Insekten auf61). Viele von den in wärmeren Gegenden vorkommenden Schädlingen sind bei uns unbekannt, so vor allem die furchtbare Geißel der Biblio­theken und Archive, die Termiten62). Die Brutstätten der Insekten sind meist dunkle, wenig oder gar nicht durchlüftete, feuchte Räume. Während des Krieges, wo viele Bestände verlagert waren und nicht so sachlich betreut werden konnten, mag sieh da und dort Insektenbefall gezeigt haben und diese Bestände sollten wenigstens in Stichproben danach untersucht werden, denn wenn das Wirken der Insekten einmal nach außen durch Ausscheidungen sichtbar wird, dann haben sie leider meist ihr zerstörendes Werk bereits getan. Das wirksamste Gegenmit­tel °3) bleibt die Vergasung entweder einzelner Stücke oder ganzer Räume 64). Viel häufiger und umfangreicher sind in den hiesigen Archiven die Verunstaltungen, die durch Schimmel65) und Bakterien hervorgerufen werden und die meist in Form von verschiedenfarbigen Flecken, von violett, braun, grün, gelb, rot bis schwarz auftreten. Hier kommt vor allem den Forschungen über die Wachstums- und Ausbreitungs­bedingungen der Pilz- und Bakterienkulturen66) besondere Bedeutung zu und den Mitteln zur Sterilisierung der verwendeten Leime und Kleister67 *), die aus animalischen und vegetabilischen Stoffen bestehend zu Nährsubstraten dieser Kulturen werden können. Der Schimmel als solcher greift das Papier und Pergament nicht direkt an, die schädigende Wirkung besteht darin, daß den Stoffen der Fettgehalt entzogen und das Einwirken der Feuchtigkeit ermöglicht wird. Die Frage, ob durch Bücher und Archivalien auch Krankheitsbakte­rien übertragen werden können und so zu einer Ansteckung führen, läßt sich wohl noch nicht mit Sicherheit beantworten, im allgemeinen aber 61) Gail o, Patológia, a. a. O., S. 39. 62) Gian Maria G h i d i n i, I Termiti devastatori della cellulosa, Bollettino dell’ Ist. d. Pat. d. libro, Anno 3 (1941), S. 62 ff. A. Gallo, La lotta anti- termitica in Italia, Roma 1952. °3) Über geeignete Abwehrstoffe vgl. A. G a 11 o, Patológia, a. a. O., Insetti- fughi e insetticidi, S. 127 ff. 64) In den amerikanischen Archiven ist man bereits seit längerem dazu übergegangen, alle Neuzugänge vor ihrer Aufnahme ins Archiv zu vergasen, um eine Einschleppung von Schädlingen und eine Verseuchung der bereits vor­handenen Bestände zu verhindern. A. E. Minogue, a. a. O., S. 16. 65) H. J. Plenderleith, Mould in the muniment room, Archives, No. 7 (1952), S. 13. 60) Vgl, R. Kowalik, Szkodniki papieru i jego konserwacja (Die Feinde des Papiers und dessen Konservierung), Archeion, Bd. 19./20. (1951). A. Gallo, Patológia, a. a. O., Agenti biologici, Muffe e batterie, S. 48 f. 67) Die gebräuchlichsten insektentötenden Beimengungen für Kleister und Gelatine sind Mirbanöl, Formalin, Borsäure und Borax, Tymollösung. Die Ge­fahr, daß Kleister und Gelatine zu Nährsubstraten für Mikrobenkulturen werden könnten, besteht solange nicht, als die Luftfeuchtigkeit 70% nicht übersteigt.

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