Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)

BLAAS, Richard: Probleme und Methoden der Archivalienrestaurierung

Probleme und Methoden der Archivalienrestaurierung 359 Entfaltung der optischen und photographischen Methoden ein, die heute aus den Archiven und Bibliotheken nicht mehr wegzudenken sind. Pringsheim und Gradenwitz begannen mit den photographischen Ver­suchen bei Palimpsesttexten und erreichten durch Verwendung verschie­dener Filter und durch Übereinanderkopieren verschieden intensiv auf­genommener Negative die ersten befriedigenden Resultate. Die Methode 22), die sie anwandten, war nicht gerade einfach, aber sie erbrachte den Beweis, daß man auf rein optischen Weg die Lesung der verblaßten Erstbeschriftung ermöglichen kann, ohne daß dadurch der Originaltext auch nur der geringsten Beschädigung ausgesetzt wird. Den endgültigen Sieg dieser Methode sicherten dann die von P. Raffael Kögel23) O. S. B. in Beuron unternommenen Versuche mit Ultraviolettlampen. Das Palimpsest-Forschungsinstitut in Beuron blieb führend in dieser Frage und die Arbeiten von P. Kögel und dann von P. Alban Dold sicherten dieser Methode die internationale Anerken­nung und führten zur endgültigen Abkehr von den chemischen Reagen­zien. Heute wird überall nur mehr auf optisch-photographischem Wege die Lesbarkeit verblaßter, getilgter oder überschriebener Schriften versucht und die Ultraviolettlampen gehören zum festen Inventar der meisten Bibliotheken und Archive. Die Palimpsestforschung hat wesent­lich dazu beigetragen, dem Grundsatz zum Durchbruch zu verhelfen, daß man an das Pergament nicht mit chemischen Mitteln herangehen darf. Die Optik ist durch diese Versuche in ihrem Hauptanwendungs­gebiet, in der Photographie, zu einem wirksamen Mittel in der Hand des Forschers, des Archivars und des Restaurators geworden 24). Es wurden hier nur zwei markante Phasen der Entwicklungs­geschichte der Restaurierung herausgehoben, nebenher liefen in ver­schiedenen Ländern ähnliche Bestrebungen. Die Beschäftigung mit den 22) Sie ist ausführlich beschrieben bei Posse, Handschriftenkonservierung nach den Verhandlungen der St. Gallener internationalen Konferenz zur Erhal­tung und Ausbesserung alter Handschriften von 1898 sowie der Dresdener Kon­ferenz Deutscher Archivare von 1899, Dresden 1899, S. 5, Anm. 1. 23) P. K o e g e 1 O.S.B., Die Photographie historischer Dokumente, Die Palimpsestphotographie. Leipzig 1914, S. 74 ff. 24) Die Photographie und alle ihre Anwendungsgebiete erlangen für den Archivdienst immer größere Bedeutung, wie die zahlreichen diesbezüglichen Ver­öffentlichungen der letzten paar Jahre beweisen. (Vgl. Archivum, Revue inter­nationale des archives, vol. II. (1952), Bibliographie analytique internationale des publications relatives ä l’archivistique et aux archives, 10°: Microfilm et au tres moyens de reproduction mécanique, p. 122—125). Sie bietet vor allem die Möglichkeit der Sicherung gefährdeter Bestände, erleichtert die Austauschmög­lichkeiten von Archivalien und ermöglicht, wie die zahlreichen Photoaufträge der letzten Zeit für die Lichtbildstelle des österr. Staatsarchivs beweisen, die Kom­plettierung ganzer Bestände. Das rasche Herstellungsverfahren, die raum­sparende Aufbewahrungsmöglichkeit, die einfache Reproduzierung im Lesegerät und die voraussichtliche Dauerhaftigkeit des Filmmaterials lassen den Mikrofilm im Archivdienst zu einem unentbehrlichen Hilfsmittel werden.

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