Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)

SANTIFALLER, Leo: Über die Urkunde für das Breslauer St. Vinzenz-Stift vom Jahre 1139–1149

26 Leo Santifaller Die Erklärung des mutmaßlichen Vorganges der Verbesserun­gen verbindet sich am besten mit der Erörterung und Erklä­rung des Verhältnisses der beiden Abschriften D und E zueinander und zu ihren Vorlagen, sowie zu F. Wenn wir nun auf Grund der eingehenden Analyse des Wortlautes der Regesten, des Textvergleiches beider Kopien, des paläographischen Befundes und sonstiger hiehergehöriger quellenkritischer Erwägungen diese Verhältnisse und Beziehungen zu klären versuchen, so ergeben sich aus der Verbindung der exakt feststehenden Tatsachen mit den als mehr oder weniger wahrscheinlich erschlossenen Faktoren zunächst eine Reihe von Möglichkeiten. Wir sehen jedoch davon ab, hier alle am sich möglichen Fälle zu erörtern und dies umsomehr, als sich bei gewissenhafter Über­prüfung sämtlicher Faktoren, insbesondere mit Rücksicht auf den Fehler prestat abbas und die Verbesserung der Jahreszahl 1149 der im folgenden angegebene Vorgang als der weitaus wahrscheinlichste ergibt: Das Original von SR. 24/33 war zur Zeit Liebentals nicht mehr vor­handen. Nachdem Liebental die Matricula D entweder ganz oder mindestens zu einem beträchtlichen Teil vollendet hatte, wurde ihm ein altes, heute verlorenes Kopialbuch C, das registrum antiquum, zugänglich; aus diesem hat er den Text der Urkunde nachträglich in die Matricula eingetragen. In C stand jedenfalls die Jahreszahl bzw. der Einser derselben in der älteren Additionsform VIIII; es ist nun aber ohne weiteres eimzusehen, daß der Abschreiber zunächst fehlerhaft anstatt vier Striche nur drei kopiert hat. Etwas später ging dann Liebental an die Bearbeitung der Matrica E; wenn er dort angibt, er hätte den Text unserer Urkunde einer antiqua matrica27) entnommen, dann erscheint es gerade im Zusammenhang mit dem bekannten Fehler und der Verbesserung, aber auch sonst sehr unwahr­scheinlich, daß damit ein zweites, heute ebenfalls verlorenes älteres Kopial­buch gemeint sein könnte; möglicherweise war die Terminologie nicht fest­stehend und Liebental verwendet den Ausdruck matrica bzw. antiqua matrica allgemein für Kopialbuch, also in diesem Falle auch für das anti­quum registrum-, wahrscheinlicher aber ist, daß Liebental zum Unter­schiede von seiner im Entstehen begriffenen Matrica sein älteres und von ihm zur Herstellung dieser Matrica zweifellos mitbenütztes älteres Kopial­buch, also die sogenannte Matricula, als antiqua matrica bezeichnet hätte. Mag sich dies nun wie immer verhalten: entweder hat Liebental bei der Herstellung von E unmittelbar von C abgeschrieben und denselben Fehler gemacht wie in D, oder aber er hat, was wahrscheinlicher ist, sein eigenes älteres Kopialbuch D unmittelbar als Vorlage benützt und von demselben den Fehler übernommen; eine nochmalige Überprüfung und Vergleichung der beiden Kopien D und E mit der älteren Vorlage C hätte dann den Fehler zutage gebracht und daraufhin wäre die Verbesserung gleichzeitig in beiden Abschriften ausgeführt worden. Die Art der Verbesserung aber 27) Vgl. zum folgenden Santifaller, Liebentals Kopialbücher S. 16 N. 3.

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