Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)
BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)
Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle 207 Pergen war beinahe ein halbes Jahrhundert in kaiserlichen Diensten52). Der aus einer, aus den Niederlanden in die Erblande eingewanderten Adelsfamilie, stammende Staatsmann stand seit 1747 im diplomatischen Dienst. Er war verschiedentlich an den Höfen der geistlichen Kurfürsten am Rhein und in England als Botschafter akkreditiert. Im Siebenjährigen Krieg verwaltete er die von Österreich besetzten preußischen Gebiete. Die Kaiserwahl Josefs II. führte ihn wieder in die geistlichen Kurfürstentümer am Rhein: in dieser Zeit entstand seine Denkschrift über die Bedeutung der Kaiserkrone für das Haus Österreich 53). 1770 ging Pergen als Hofkommissar nach Galizien. Seine Amtsführung fand allerdings nicht den Beifall des Kaisers54), Pergens Abberufung erfolgte 1775. Aus seiner Amtszeit bei der n.-ö. Regierung wurden keine kaiserlichen Klagen bekannt, die Organisierung der Polizei brachte ihm das Vertrauen des Kaisers. Josef II. entband ihn 1789 von seinen Verpflichtungen im Staatsrat und in der n.-ö. Regierung und befahl ihm, nur die leitung des polizey- geschäfts allhier, wie bisher, ganz unabhängig zu besorgen, anbei aber auch die Oberaufsicht über die polizey- und Sicherheitsanstalten dergestalt fortzusetzen, dass gesamte länderchefs in ansehung ihrer diesfalls zu machenden einberichtungen oder zu überkommenden Weisungen, unmittelbar an ihn zu wenden hätten55). Pergen bekam zur Führung der Geschäfte ein eigenes Ministerialbüro, dessen Personalstand allerdings nur aus den beiden von der n.-ö. Regierung beigestellten Hofsekretären Schilling und Mährenthal bestand56). Pergen erlebte die Genugtuung, daß die Länderchefs in den gewöhnlichen Polizeisachen von ihm abhängig wurden57). Josef II. erhielt im Jänner 1790 durch einen Vortrag Pergens58) Nachricht von der Gährung in seinen Erblanden, die durch seine Regie52) OEZ 11/4/1, S. 159. Zu Johann Anton Graf von Pergen vgl. Gräffer- Czikann, Österreichische Nationalenzyklopädie 4, S. 177, Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaisertums Österreichs, Bd. 22 (1870) S. 1 f. J. A. Frherr von Helfert, Die österreichische Volksschule, Bd. 1 (1860) S. 190 f. A. iStarzer, Die n.-ö. Statthalterei von 1501—1896 (1897) S. 320 f. H. v. Vol- telini, Eine Denkschrift des Grafen Johann Anton von Pergen über die Bedeutung1 der Kaiserkrone für das Haus Österreich (Festschrift f. H. v. Srbik, 1938) S. 150 f. Oberhummer, Die Angehörigen der Wiener Polizeidirektion (1754 bis 1900) Wien 1937, S. 3. Benna, a. a. O., S. 243—245. 53) Vgl. oben S. 9, Anm. 5. 54) Wurzbach, a. a. O., S. 27. OEZ II/l/l, S. 430. Benna, a. a. O., S. 244. 55) ST R 777/1789, Walter, a. a. O., S. 38. Benna, a. a. O., S. 114, 115, 120. 56) Arch. f. NÖ., P-Index: 1789/357, 360. St R 777/1789, Benna, a. a. O., S. 120, 232. 57) Walter, a. a. O., S. 39. Benna, a. a. O., S. 114, 115. 58) St K Notenwechsel ad Polizei Fz. 29, Vortrag Pergens 1790 Jänner 13 als Beilage zur Note Pergens an die ST K, 1790 Jänner 16. Benna, a. a. O., S. 118—120.