Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

NECK, Rudolf: Diplomatische Beziehungen zum Vorderen Orient unter Karl V.

Diplomatische Beziehungen zum Vorderen Orient unter Karl V. 71 Die Reise Balbis blieb jedoch ergebnislos. Er hatte nach langen Mühen mit Hilfe eines Venezianers und eines Engländers bis Bagdad gelangen können, den jungen Schah Tahmäsp, der sich auf einem Kriegszug im Norden befand, jedoch nicht erreicht41 42). Zwei seiner Agenten wurden von den Türken ergriffen und gepfählt4ä). Man hat das Scheitern der Mission — sozusagen als Analogie zu ge­wissen französischen Skrupeln gegen das Türkenbündnis Franz’ I. — auch auf religiöse Bedenken des frommen Schahs gegen eine Allianz mit einer christlichen Macht zurückführen wollen43) und sich dabei neben seine, die Türken sehr schonende Denkwürdigkeiten auch auf die Erzählung von dem üblen Empfang gestützt, den er dem Gesandten der Königin Elisabeth von England später bereitet hat44). Man unterschätzte dabei einerseits den Gegensatz zwischen den beiden muslimischen Konfessionen, der durchaus eine Parallele zu. den Glaubenskämpfen im Westen bildet45 46), andererseits sieht man an der Tatsache vorbei, daß Tahmäsp zeitweise doch mit anderen christlichen Mächten in Asien und Europa Bündnisse gegen die Türken einging45). Ergebnisse der jüngeren Forschung47) haben die sogenannten Denkwürdigkeiten als eine groß angelegte staatsmännische Rede nachge­wiesen, in der Tahmäsp 1562 seine Politik gegenüber den türkischen Ge­sandten rechtfertigte. Dies bedeutet eine Revision in der Beurteilung nicht nur der Quelle, sondern auch der Persönlichkeit des Schahs selbst. Tahmäsp erscheint demnach jetzt nicht mehr als kraftloser und ängstlicher 41) Balbis Berichte von August 1529 bis Mai 1530 bei L a n z, a. a. 0., Nr. 120, 129, 133 und 136. Über die Gründe des Scheiterns durch Eingreifen der Türken vergl. die Angaben aus spanischen Archiven in der kurzen aber gehaltvollen Besprechung von Horns deutscher Ausgabe der Denkwürdigkeiten Tahmäsps von I. B e r n a y s in der H.Z. 75, 1895, S. 297 f. 42) Die Angaben bei S chef er, Estat de la Perse en 1660 par Raphael du Mans (Publications de l’école des langues-orientales vivantes, II. Serie, Bd. 20), Paris 1890, S. II, Anm. 1, dürften sich auf eine frühere Gesandtschaft des Schahs Isma'il an den König von Ungarn beziehen, die bei Ankara gefaßt und hingerichtet wurde. 43) Vergl. dazu die zeitgenössischen europäischen Ansichten bei I o v i u s, Elogia, Florenz 1551, S. 328. 44) Malcolm, a. a. O., S. 18 f. Sykes, S. 168 f. Hu art in der Enzy­klopädie des Islam, 4. Bd., S. 666. G a b r i e 1, a. a. O., S. 72 ff. Tahmäsps Memoi­ren wurden von Horn in der ZDMG. 44, 1890, S. 563 ff. und 45, 1891, S. 245 ff. im Urtext ediert. Vergl. dazu Teufel in der ZDMG. 37, S. 113 ff. und Beveridge in der Asiatic Review. N.S. Bd. 4., 1914, S. 460 ff. mit Angaben über andere Editionen. Auch eine portugiesische Gesandschaft, die bald nach der Schlacht von Lepanto beim Schah erschien, wurde sehr ungnädig empfangen. (S. Z i n k e i s e n, 3. Bd. 1855, S. 568 f. unter dem falschen Jahr 1570, ferner: Browne, 4. Bd., S. 92 ff. und Hinz in der ZDMG. 89, 1935, S. 322.) 4ä) E. Fueter, Geschichte des europäischen Staatensystems 1492—1559, München 1919, S. 189. 46) S. Huart, a. a. O., B i z a r u s, S. 307. 47) Hinz, Zur Frage der Denkwürdigkeiten des Schah Tahmäsp I. von Per­sien (ZDMG. 88, 1934, S. 46 ff.).

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