Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

AUER, Erwin M.: Kulturgeschichtliche Ordensforschung

Kulturgeschichtliche Ordensforschung 305 reichen und praktischen Erfahrung gerne Auskunft, welche Archivkörper und -bestände der Ordensforscher im einzelnen Fall mit Aussicht auf Erfolg durcharbeiten muß, bzw. wo er noch Material zu suchen hätte. Das Durcharbeiten der bereitgestellten Archivbestände aber bleibt Sache des Forschers, die er keinesfalls Archiv- und Museumsbeamten zumuten darf, wie es gerade in den letzten Jahren durch Einsendung mehrseitiger Frage­bogen immer wieder versucht wurde. Die Dienstvorschriften teilen den Archivaren und Kustoden derart umfangreiche interne wissenschaftliche Agenden zu, daß sie wohl bereitwillig allen ernsten Forschem im Rahmen der Auskunftserteilung durch Hinweise weitsrhelfen, aber unmöglich die Arbeit etwa der Durchsicht einiger Hundert Faszikel sogenannten „Fern­forschern“ abnehmen können. Auch hier wird wieder ersichtlich, daß die Ordenskunde die Archivforschung vorerst auf landeskundlicher Ebene vor­zutreiben hat, auf der der Wissenschaftler Archivforschung sowohl zeitlich als auch finanziell noch selbst ermöglichen kann. Schließlich darf in diesem Zusammenhang die Archivsperre nicht übersehen werden, welche die Be­nützung der Archivalien aus jüngster Vergangenheit verbietet. In Öster­reich ist sie mit 50 Jahren begrenzt und gibt daher gegenwärtig nur Archivalien vor 1903 zur Benützung frei. Aus diesem Grund kann zur Zeit die Auflösung der österreichischen Hausorden in den Jahren 1918/19 noch nicht an Hand des archivalischen Niederschlages bearbeitet werden. Die schriftlichen Quellen werden durch die Denkmale wesentlich ergänzt, die das Ordenswesen nach außen hin sichtbar werden ließen. Die Forschung muß daher auch den in den Ordens- und Kostüm Sammlun­gen aufbewahrten Ordenszeichen und Ordenskleidern ein besonderes Aügenmerk zuwenden. Es werden freilich noch Jahre vergehen, bis die einschlägigen Vereins-, private und öffentliche Sammlungen wenigstens annähernd vollständig in einem Verzeichnis erfaßt sind, das neben dem Namen, der Anschrift, dem Gründungsjahr, dem Umfang, der Sammlungs­richtung und der Hauptstücke der jeweiligen Sammlung auch deren Geschichte in Kurzform enthalten wird5). Gerade die einzelnen Sammlungs­geschichten lassen kulturelle Zusammenhänge offenbar werden, die für die Ordensforschung ebenso wichtig sein können, wie die Denkmale selbst. Die ehemals Freiherr von Fiedlersche Sammlung in Wien 6), die als Beispiel herangezogen werden soll, umfaßt verhältnismäßig wenig Objekte, da sie nur Orden betreut, die von Familienmitgliedern einstmals getragen wurden. 5) Vorbild für Inhalt und Form eines Verzeichnisses der Ordenssammlungen könnte das von August L o e h r seit 1935 entwickelte und heute international einhellig anerkannte Verzeichnis der österreichischen Museen sein. Vgl. die letzte Ausgabe in: Jahrbuch der österreichischen Wissenschaft, Jg. 2, Wien 1949/1950, S. 373 ff. 6) Es sei an dieser Stelle den derzeitigen Besitzern für die freundlich ge­währte Erlaubnis zu den Aufnahmen und zur Veröffentlichung verbindlichst gedankt. Zu Abb. 1: Platte des Kunsthistorischen Museums in Wien (im folgen­den kurz: KhM) I 15389. Die Abb. zeigt: österr. Militär-Verdienstkreuz m. Kriegsdekoration, österr. Kriegsmedaille v. Jahre 1873, Stern d. portugiesischen Militär-Verdienstordens St. Bento d’Aviz, österr. Armee-(Kanonen-)Kreuz, österr. Militär-Dienstzeichen I. Kl. f. Offiziere. — Über die Familie Fiedler selbst vgl. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser, 83. Jg., Gotha 1933, S. 118 f. Mitteilungen, Band 5 20

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