Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

142 Ferdinand Hauptmann kleinert wurde. Und alles dies erreichte Serbien um den Preis der Kon­vention vom 8. VII., die eigentlich handelspolitisch Serbien ebenso großen Nutzen brachte wie Österreich. Gegenüber dem ürsprünglichen Plane Schwegels, die Wahl zwischen Handelsvertrag und Zollverein Österreich zu überlassen, sowie den Betrieb der Bahnen einer fremden Gesellschaft zu übergeben, ferner die fremde Gerichtsbarkeit in Serbien nicht aufzuheben, sondern nur langsam zu mildern, war es Ristic gelungen, die bilaterale Form der Verpflichtungen durchzusetzen und die schwersten Bedingungen derart abzuschwächen, daß er mit Recht behaupten konnte, der Eisenbahn­bau in drei Jahren sei die einzige Verpflichtung, die Serbien binde. „Alles übrige, was die Konvention enthält, läßt die Fragen in solchem Maße offen, daß man wenig davon als Verpflichtung auffassen kann“ 28). Die Bedeutung der Konvention für Österreich, abgesehen von der viel­leicht mangelhaften Textierung, liegt darin, daß sie gemeinsam mit den Beschlüssen des Berliner Kongresses das Programm enthält, das Österreich im Oriente anwenden wollte. Im Begleitschreiben Andrássys für den Kaiser heißt es über diesen Vertrag: „...gestatte ich mir nur die Bemerkung, daß mir bei der in Rede stehenden Stipulation ein doppeltes Ziel vor­schwebte. Ich glaubte einerseits den Congreßbeschlüssen in Serbien von vorneher die nöthige Anerkennung und Durchführung sicherstellen, anderer­seits unsere wirtschaftlichen Fragen Serbien gegenüber, den Wünschen Euer Majestät beiderseitigen Regierungen entsprechend, in dem Maße jetzt schon zum Austrag bringen zu sollen, als hierüber eine übereinstimmende Auffassung zwischen beiden Regierungen bereits erzielt war. Nach beiden Richtungen hin scheint mir das Ergebnis ein günstiges zu sein“ 27). Hatte der Berliner Kongreß in vielen Fällen nur die Neuordnung der Verhältnisse in den gröbsten Zügen aufgestellt, so diente diese Konvention gewissermaßen als Komplettierung, um auf diese Weise der österreichischen Vorherrschaft auf dem westlichen Balkan auch auf dem wirtschaftlichen Gebiete praktischen Ausdruck zu verleihen, wie das auf politischem be­sonders das Recht der Besetzung des Sanctaks von Növi Pazar darstellte28). Nach allem was bisher über die Wege und die Möglichkeiten der öster­reichischen Politik auf dem Balkan gesagt wurde, ist es kein Wunder, wenn der Einfluß dort durch handelspolitische Mittel gewahrt und vertieft wurde 29). Drei Punkte enthält das Programm vom 8. VII: Donauregulierung, Eisenbahnbau und Handelsvertrag. Nach drei Jahren sollte sich durch den Ausbau der serbischen Bahnen Österreich die Möglichkeit eröffnen, leichter als bisher den Handel mit Serbien zu betreiben; daneben aber, da gleich­zeitig der Anschluß mit den Linien nach Konstantinopel und Saloniki bewerkstelligt werden sollte, würde sich mit einem Male dem österreichi­schen Handel der bequeme Eisenbahnweg bis in die Tiefen der Balkan­halbinsel eröffnen. Was bisher nur über Triest und den Wasserweg gegangen war, sollte nun auf dem Schienenstrang oder auf der Donau ohne

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