Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 3. (1950) – Leo Santifaller Festschrift

LARGIADER, Anton: Natal- und Circumcisionsstil in Zürich vom 14. bis zum 16. Jahrhundert

Natal- und Circumcisionsstil in Zürich vöm 14. bis 16. Jahrhundert 429 dieser Jahresanfang ist durch alle Jahrhunderte hindurch in Übung gewesen. Die Kirche lehnte die besondere Betonung des 1. Januar jahrhundertelang ab, weil sich an diesem Tage Überreste der alt­römischen Saturnalien erhalten hatten, die den Geistlichen wegen der damit verbundenen Ausschweifungen ein Dorn im Auge waren. Um indessen die Kalenden des Januar durch eine kirchliche Feier betonen zu können, wurde ungefähr im 7. Jahrhundert die Beschneidung des Herrn auf den 1. Januar verlegt, wobei man sich an die Stelle bei Lukas 2, 21 hielt: „postquam consummati sunt dies octo, ut circum­cideretur puer, vocatum est ei nomen Iesus“. Zu größerer Bedeutung gelangte der Kalenderstil erst mit der Rezeption des römischen Rechtes seit dem 14. Jahrhundert. Der 1. Januar wurde gesetzlich der Anfang des hürgerlichen Rechtsjahres und auch im Bereich der geistlichen Instanzen vermochte er schließlich zu siegen. Die eigentliche Wende brachte jedoch erst die Mitte des 16. Jahr­hunderts, als der Kalenderstil allgemein herrschend wurde. Daß dieser Brauch dann schließlich zum Durchbruch gelangte, dazu hatten auch chronologische Einrichtungen beigetragen, die auf den 1. Januar fixiert waren: Mit dem 1. Januar wechselten die Sonntagsbuchstaben und die goldenen Zahlen, die Haupt berechnungsmittel des Osterfestes und damit des ganzen christlichen Festkalenders überhaupt. Neben diesen beiden erwähnten Jahresanfängen gab es noch den Annuntiationsstil (Jahreswechsel am 25. März, annuntiatio Mariae) und den Osterstil (Jahreswechsel am Ostersonntag), um die wichtigsten Varianten des abendländischen Mittelalters zu nennen. Als eine der vielen Zusammenstellungen über die Jahresanfänge mögen die entsprechenden Abschnitte in Hermann Grotefends „Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit“ (1. Bd., Glossar und Tafeln, Hannover 1891) herausgegriffen werden. Hier werden unter den Stichworten „Jahresanfang“ (S. 88), Annuntiations­stil (S. 7), Byzantinischer Jahresanfang (S. 17), Circumcisionsstil (S. 22), Osteranfang (S. 140), Vorcaesarischer Jahresanfang (S. 203) und Weihnaohtsanfang (S. 205) die Stile und ihre Verbreitung in den verschiedenen Gebieten und in den verschiedenen Zeiten charakterisiert. Daneben sei auf die anderen Schriften Grotefends sowie auf die Werke von Ginzel, Giry, de Boüard, Cappelli, Bresslau-Klewitz und Poole verwiesen x). l l) Hermann Grotefend, Abriß der Chronologie des deutschen Mittelalters und der Neuzeit, 2. A., 1912 (Grundriß der Geschichtswissenschaft, hrsg. v. A. Meister, Bd. I, Abt. 3), S. 27—29. — Derselbe, Taschenbuch der Zeitrechnung

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