Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 3. (1950) – Leo Santifaller Festschrift

NECK, Rudolf: Andrea Negroni. Ein Beitrag zur Geschichte der österreichisch-türkischen Beziehungen nach dem Frieden von Zsitvatorok

Andrea Negroni 191 Kurz darauf zog in Wien eine türkische Gesandtschaft von 136 Personen unter Ahmed Kethüda und Gasparo Graciano, einem Christen in türkischen Diensten, einx). Ahmed behauptete nun, daß Negroni in Konstantinopel öffentlich erklärt habe, Ali Pascha und er seien vom Kaiser in Zsitvatorok bestochen worden 2). Da die beiden Türken deswegen von Nasuh gerichtlich verfolgt und beraubt wurden, verlangten sie nun vom Kaiser Genugtuung und Entschädigung. Hatte sich so die kaiserfreundliche Partei in der Türkei in das Verfahren gegen Negroni eingeschaltet, so wurde ihm die Entdeckung der Mängel in der von ihm 1610 mitgebrachten Ratifikation des Sultans zum Verhängnis. Als Kiesi, der in Wien die Verhandlungen mit den Türken leitete, wegen der Unstimmigkeiten über den tatsächlichen Wortlaut des Friedens dieses damals von Negroni übersetzte Schriftstück neuerlich vergleichen und übersetzen ließ, stellten sich einige erhebliche Abweichungen heraus3). Zunächst wurde gleich in der Einleitung der Sultan in seinem Titel als Herr der Moldau-Walachei und von Siebenbürgen bezeichnet. Im Artikel IV fehlte die Einfügung der seit altersher zu Ungarn gehörenden Provinzen. Damals wurde auch zum erstenmal die abweichende Form der türkischen Unterhändler­fassung des Artikels VI und die unklaren Grenzbestimmungen der Artikel XV bis XVII sowie Artikel XII erkannt. Der Text der Negroni-Ratifikation lautete also, abgesehen vom Titel des Sultans und von Artikel VI, nicht wesentlich anders als die türkische Unter­händlerurkunde von 1606, nur wurde man sich in Wien erst jetzt der großen Unterschiede voll bewußt. Negroni ist also in diesem Punkt nur insofern schuldig, als er, wohl mit Absicht, ungenaue Über­setzungen angefertigt hatte. Daß er dafür von den Türken bestochen wurde, konnte man ihm jedoch nicht nachweisen. Jetzt erst begann man, den Gefangenen zu verhören. Zunächst sollte er den Türken gegenübergestellt werden und sich zu ihren Beschuldigungen äußern. Am 2. Juni fand diese Konfrontation, zu der sich die beiden türkischen Gesandten ausdrücklich bereit erklärt ’) Khevenhiller F. Ch., Annales Ferdinandei. 2. Bd., Leipzig 1722, tom. 8, col. 741 ff. 2) Beschwerden Ahmeds 1615 Juni 1. Türkei I, Fasz. 52. Dasselbe berichtet auch Starzer an Mollart 1614 Juli 2 und November 6. Fasz. 51 b. Tatsächlich wurden die türkischen Unterhändler 1606 bestochen. (Matthias Instruktion vom 11. August 1606 in Fasz. 49 a.) 3) Übersicht o. D. in Türkei I, Fasz. 53 b und italienische Übersetzung in Urkundenabteilung, 1610 April 25—Mai 4, beim Original der Ratifikation.

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