Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 2. (1949)
Erste Konferenz der österreichischen Archivleiter am 20. und 21. Oktober 1948
I. Konferenz der österreichischen Archivleiter 31 8. Als gemeinsamer Grundzug ergibt sich, daß alle Archive während des Jahres 1948 noch stark mit den Rückführungen der verlagerten Archivbestände und der Behebung der daraus entstandenen Schäden reichlich zu tun hatten. Die Substanzverluste halten sich glücklicherweise in erträglichen Grenzen. Am schwersten wiegt der Verlust der älteren Staatsratsakten im Haus-, Hof- und Staatsarchiv, das auch die Vernichtung eines kleineren Bestandes aus den Registraturen des Reichshofrates und der Kabinettskanzlei zu beklagen hat. Das Allgemeine Verwaltungsarchiv, das auch die Bestände des ehemaligen Unterrichtsarchivs übernommen hat, bucht den Verlust der bis ins 16. Jahrhundert zurückreichenden Akten des akatholischen Kultus. Die durch den Bombentreffer in seinem Gebäude entstandenen Schäden an den Akten sind unbeträchtlich, der Ordnungszustand hat allerdings stark gelitten. Ähnliches gilt von den Militärgerichtsakten im Kriegsarchiv. Das Hofkammerarchiv hat keine Verluste, desto schwerere aber das Finanzarchiv zu verzeichnen, das auch mit großen Schwierigkeiten in seiner räumlichen Unterbringung zu kämpfen hat. Das Verkehrsarchiv hat die Oberaufsicht über das als Registratur geführte Betriebsarchiv der Generaldirektion der österreichischen Bundesbahnen übernommen. Die Archive, die ja allenthalben mit schweren Unterbringungssorgen belastet sind, haben ihre Aufgabe zur sachgemäßen Erweiterung ihrer Bestände trotzdem im Auge behalten, was im wesentlichen in der Erwerbung verschiedener Nachlässe seinen Ausdruck findet. So kam das Haus-, Hof- und Staatsarchiv in den Besitz des Nachlasses Pratobevera und der Tagebücher Josef Redlichs, während das Kriegsarchiv jene des Generalobersten Dankl und des Generalmajors Eduard Fischer gewinnen konnte. Das Kärntner Landesarchiv erwarb Teile der Nachlässe von Wutte und Zenegg, in Steiermark kam das Familienarchiv Lamberg aus Schloß Feistritz bei Ilz in die Verwahrung des Landesarchivs. Die Reisetätigkeit im Dienste des Archivalienschutzes war manchenorts noch ziemlich behindert, häufig mußte man sich bei der Erhebung der Kriegsschäden in den Privatarchiven mit schriftlichen Auskünften begnügen. Dem Kärntner Landesarchiv ist es gelungen, durch Rundfunkvorträge und andere geeignete propagandistische Maßnahmen Interesse für die Archivtätigkeit zu wecken. Nachdem noch über die für die Archive nicht immer erfreuliche Tätigkeit der Heimatmuseen gesprochen worden war, klangen die Beratungen in dem einhellig gefaßten Beschluß aus, anläßlich des Jubiläums des Haus-, Hof- und Staatsarchivs im September 1949 einen österreichischen Archivtag im Zusammenhang mit einer Tagung der österreichischen Geschichtsvereine abzuhalten. Die Konferenzteilnehmer besuchten am 20. Oktober abends als Gäste des Bundeskanzleramtes das Burgtheater bzw. die Staatsoper und trafen sich am 20. Oktober zu einem gemeinsamen Mittagessen im Hofkeller und am 21. Oktober abends zu einem geselligen Beisammensein im Rathauskeller.