Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)
MAASS, Ferdinand: Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten von Kaunitz-Rittberg mit seinem bevollmächtigten Minister beim Governo generale der österreichischen Lombardei, Karl Grafen von Firmian, 1763 bis 1770
Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus 317 soweit sie als Zusammenfassung einzelner Ordensniederlassungen eine eigene kirchliche Körperschaft bildeten und in diesem Sinne für den Staat von größerer Wichtigkeit sein konnten als einzelne Ordenshäuser, die nicht von einem über ihnen stehenden Verband gedeckt waren. Hingegen hatte Kaunitz selbst die Aufhebung kleinerer Ordensgemeinschaften und die Verminderung des allzugroßen Reichtums des Klerus vor kurzem der Kaiserin vorgeschlagen * 1), da sie offenbar dafür genügend vorbereitet war. Jedenfalls konnte mit der Unterdrückung solcher Klöster noch in diesem Jahre begonnen werden 2). Der Anregung, dem Erzbischof von Mailand künftig zu verbieten, die Kardinalswürde anzunehmen, wollte der Fürst keine Folge geben, da das zu gehässig sei und weil, wenn einmal die neuen Grundsätze über die Beziehungen von Staat und Kirche in die Tat umgesetzt seien, es wenig ausmache, ob der Erzbischof Kardinal sei oder nicht. Firmian wollte aber in diesem Punkte nicht locker lassen 3). Außer der geistlichen Orden selbst ein durch die Länge der Zeit unersetzlicher Schaden zugefügt werden kann und wahrscheinlich zugefügt worden ist. Ein Ordens- provinzial nebst einem Sozius oder Gehilfen hatte die Macht, Gelder von so vielen Klöstern und Gemeinden an die sogenannte Provinzkassa zu ziehen . . . Diese gemeinschädliche Einrichtung und ein solches mit Protektion von allen Seiten unterstütztes sozusagen verwebtes Nest zu zerstören ... war eine der härtesten Unternehmungen für den Referenten. Die auf seine Person wirkenden Folgen wurden in dieser Gelegenheit aufs äußerste getrieben, bis endlich nach wiederholt und wiederholten Ansätzen das Gute der Sache dennoch die Oberhand behielt. Referent bemerkt dies nur obenhin in der patriotischen Absicht und mit dem Wunsche, daß man zu keiner Zeit den Ordensobem unter was immer für einen Vorwand eine solche Macht und Einrichtung auch nicht im geringsten Teile der Temporalien eingestehen oder erlauben wolle.“ Archiv des Schottenstiftes, 1. cit., A 19. 1) Arneth, Geschichte Maria Theresias, Wien 1879, 9. Band, S. 557, Anm. 84. 2) Staatsarchiv, Staatskanzlei, Lombardische Coll., Fasz. 67 und 68. 3) Der gleichen Meinung ist später Hofrat Heinke: ,,.. . Kein Nutzen fließt von dieser bloßen Würde auf das Hirtenamt und die Beförderung des Seelenheils. Dieses Collegium aber hält ganz natürlich in allem fest zusammen, was das Interesse des römischen Hofes betrifft. Das Jurament der Kardinäle verbindet sie aufs engste mit demselben. Täglich lehrt daher die Erfahrung, daß vor der erlangten Kardinalswürde viel besser denkende Bischöfe nach empfangenem Hut sich als römische Vasallen betragen und wenn man die übertriebenen Forderungen ihres Ranges, ihrer Titel, dann ihrer Vorzüge betrachtet, womit sie bei öffentlichen Gelegenheiten auch sogar an den mit Demut prangen sollenden geistlichen Verrichtungen aufzutreten suchen, so läßt sich in dieser Würde gar oft für die Religion die Gefahr des Ärgernisses und Abneigung gründlich unterrichteter Christen, für den Staat nicht der mindeste Nutzen, wohl aber die bedenkliche Folge wahrnehmen, daß ein Kardinal die Absichten des römischen Hofes und dessen Nuntia-