Fekete Ludwig: Türkische schriften aus dem Archive des Palatins Nikolaus Esterházy (Budapest, 1932)
Einleitung
In dieser Beziehung ist auch Esterházy dem bisher in Übung gewesenen Verfahren seiner Vorgänger treugeblieben. Selbständig und neu war bloss sein System; es war energischer, entschlossener, wofür wir eine Erklärung nicht bloss in der Schwächung der tür kischen Kraft, sondern auch in der Persönlichkeit des Palatins suchen müssen. Schon im J. 1622, als er in der Eigenschaft eines Generalhauptmannes von Újvár, vielleicht zum erstenmal, mit den türkischen Paschas in unmittelbare Verbindung trat, zog er sie mit fester, befehlender Stimme zur Verantwortung, 1 und diese Manier, über die sich die Türken auch in ihren an den Palatin gerichteten Antwortschreiben wiederholt beklagten, legte er auch in seiner höheren Stellung und im Alter, fast bis zum Ende seines Lebens, nicht mehr ab. Nacheinander schickte er den Türken seine Briefe und Gesandten, drängte zur Eile, verhandelte und traf Vereinbarungen mit ihnen, stets in der Hoffnung, dass es ihm gelingen werde, die Lage des Ungartums zu verbessern. Tatsächlich erreichte er soviel, dass die Frage ausserhalb der Staatsverträge auch durch lokale Vereinbarungen geregelt wurde, d, h. die kurzgefassten Bestimmungen der Friedensverträge durch spätere Übereinkommen eingehend entwickelt und erklärt wurden; die Frage konnte jedoch keine endgültige Regelung finden, sie überlebte auch Esterházy und blieb ein Problem bis zur entscheidenden Vernichtung der türkischen Herrschaft in Ungarn. Die von ungarischer Seite erhobenen Beschuldigungen wurden von den Paschas jedesmal zurückgewiesen und für ungerechtfertigt erklärt. Die ihnen zur Last gelegten Ausschreitungen anerkannten sie nicht oder behaupteten, dass diese „mit Recht' 4 vorgefallen seien, damit die Übergriffe der königlichen Truppen gerächt würden. Ebenso sei es nicht wahr, dass sie der Grund für die Vernichtung der Raajas seien; denn niemals hätten sie die Raajas gequält. Und die paar Kinder, für deren Verschleppung man sie verantwortlich mache, seien „freiwillig" zum mohammedanischen Glauben übergetreten; die Erwachsenen aber habe man bloss als „Bürgen" weggeführt und werde sie, sobald die türkischen Forderungen erfüllt seien, wieder nach Hause lassen. Darin habe der Palatin recht — so beginnen sie die Gegenanklage wider den Palatin —, dass das Reich zugrundegehe, die Bevölkerung 1 Am ai. Okt. 1623 an (Sur!) Mehmed Pascha (Esterházy Miklós, I, 323 f.).