Ludwig Fekete: Einführung in die Osmanisch-Türkische Diplomatik der Türkischen Botmässigkeit in Ungarn (Budapest, 1926)

DIPLOMATISCHER TEIL

Hammer behauptet, 1 Muräd I. habe das Privi­leg der Raguzaner durch einen Abdruck seiner mit Tinte befeuchteten Handfläche beglaubigt und die Tugra habe sich durch Nachahmung dieses Ab­druckes ausgebildet. Man sagte schon von Dzingiz, er habe seine Urkunden durch Abdruck seiner mit roter Tinte bestrichenen Hand, durch das 'rote Siegel (al tamga Ux jT), beglaubigt. 2 Ganz abgesehen nun von der Unwahrscheinlichkeit, dass ein Herrscher oder Stammesfürst kein Mittel finden sollte, seine Urkunden, die schon auf Papier geschrieben sind, ohne Beschmutzen der Hand zu beglaubigen, 3 könnte die Behauptung nur dann Berücksichtigung finden, wenn die ältesten Beispiele von Tugras dem Abdruck einer Handfläche ähnlich wären. Aber in den bisher bekannten Fällen finden wir gerade diese Form nicht. Die ältesten Texte in der Art einer Tugra kommen auf Münzen Muräds I. (1359—89) vor. 4 In dieselbe Periode führt uns auch die Gewohn­heit, auf osmanischen Münzen dem Namen des Sultans mit dem Worte bin (j> 'Sohn') den des Vaters hinzuzufügen. Man kann annehmen, dass dies einem Einfluss der benachbarten türkischen Stämme zuzuschreiben ist. 5 Auf den Urformen der Tugra finden wir keine Spur von dem Vogel oder der Handfläche mit den drei nach oben weisenden Fingern. Die lang­stieligen Buchstaben (lam und elif) — nach Hammer die drei mittleren Finger der Hand — stehen un­stilisiert, in unregelmässigen Abständen von ein­ander und sind so oft geschrieben, als sie im Texte vorkommen. Die Zahl der langstieligen Buchstaben kann auf den ältesten Tugras grösser oder kleiner sein, je nach dem, wie oft solche Buch­1 GOR 2 I. 152. * TOEM VIII. 54. 3 Kraelitz bemerkt richtig, dass die Beglaubigung natur­gemäss mit der rechten Hand geschehen sollte. Nun aber zeigen die Tugras, welche einer Handfläche ähnlich sind, — und solche gibt es nur in neuerer Zeit — gerade die Form der linken Handfläche. Dem gegenüber s. Babingers Meinung im Jahrbuch der Asiatischen Kunst II. 189. « Halll Edhem. 8 Auf den gleichzeitigen Münzen der Fürstentümer Ajdln und SaruhSn wird gleichfalls der Name des Herrschers durch die Angabe seines Namens und des seines Vaters näher bestimmt und auch die Gravierung des Textes ist stilisiert. (Ismä c ll Gälib.) staben in dem Texte der Tugra vorkommen. Konsequent drei langstielige Buchstaben zu schrei­ben, hat man — wohl aus ästhetischen Gründen — erst später begonnen. Kamen im Texte nur zwei langstielige Buchstaben vor, so versah man einen kurzstieligen mit einem langen Stiel; waren aber mehr als drei vorhanden, so schrieb man die über­flüssigen so an die ersten drei an, dass die Stiele zusammenfielen. Die beiden schleifenartigen Wellenstriche, welche die ausgebreiteten Flügel des Vogels darstellen sollen, „die Arme der Tugra", sind in den ältesten Fällen kürzer und einfacher als bei den neueren. Die Tugra hat sich also weder aus dem Bild des fabelhaften Vogels noch aus dem Abdruck der Handfläche, sondern durch Stilisierung eines, häufig in ähnlicher Weise niedergeschriebenen, Textes entwickelt. Die textlichen Elemente der Tugra sind: der Der Text der Tugra. Name des Herrschers, mit dem Wort bin (^ 'Sohn') verknüpft der Name seines Vaters und dessen Titel hän (oU-), dazu das Attribut (vasf «-i-^j) des Herrschers muzaffer daimä (dälmä) (Leb JJÄ*, LCIJ J&*) 'immer siegreich'; z. Bsp.: llb jAk* ÖU. JL* öLJu ('Sülejman, Sohn Selim Hans, immer siegreich'). Marimüd I. (1730—1754) entzog den Titel hän dem Namen des Vaters und setzte ihn hinter seinen eigenen. Die Form der Tugra entwickelte sich im Das Auf­legen des 14.—15. Jhdt. 2 Den Grundstein bildet der Name Textes der Tugra. des Herrschers, er steht in der untersten Zeile. ' Darüber nach links oben schwingt sich das Nun (j) des Wortes bin (JJ). Uber dem Namen des Herrschers steht der Name des Vaters, darüber wieder der Titel hän (jl^). Alles dies ist dicht zusammengeschrieben und bildet die Sere (©j^) der Tugra. Das Nun (<j>) des Wortes öU. (hän) ist parallel zu dem des Wortes (bin) nach links ausgezogen, dann schwingen sich beide nach auf­wärts und gehen parallel weiter nach rechts. Die zwei parallelen Schleifen, die Arme der Tugra 1 Diesen Ausdruck liest Truhelka auf den im J. 1430 geschriebenen Tugras als <dJI -üü»- c Gott soll ihn hüten 3 , auf den neueren —ohne jede Erklärung — als Ltlj jiL*. (Glasnik, XXIII. 5.) s Auf Münzen s. Ismä*!! Gälib.

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