Francisci Döry: Decreta Regni Hungariae : Gesetze und Verordnungen Ungarns 1458–1490 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 19. Budapest, 1989)
Begriff des Dekrets und seine gesellschaftliche Rolle zur Zeit von König Matthias
Wenn sich schon der Anteil des Königs und der Stände an der Gesetzgebung schwer bestimmen läßt, so ist es noch schwieriger, die Arbeitsteilung zwischen dem auch während des Reichstages zusammentretenden, erweiterten königlichen Rat und den Abgesandten des Adels festzulegen, welches Gewicht die Abgesandten des Adels bei der Gesetzgebung hatten, ob sie eine Initiatorrolle spielten oder sich ihre Rolle darin erschöpfte, daß sie den von den Prälaten und Baronen formulierten Forderungen ihre Zustimmung gaben. In den Dekreten können wir an mehreren Stellen lesen, daß die Stände unanimi voto, Concorditer über die dem König vorzulegenden Artikel entschieden haben (1458, 1462) oder daß domini et nobiles ... circa dictos proventus nostros ... constituerunt reformationem (1467). Aus all dem könnten wir schließen, daß sie gemeinsam, als gleichrangige Partner über die Angelegenheiten des Königreiches beschlossen hätten. Mehrere Zeichen lassen jedoch den Schluß zu, daß die Initiative, die Beschlußfassung größtenteils in den Händen derer lag, die zum Rat gehörten. Über die weiter oben auf die Rolle des königlichen Rates hindeutenden, bereits zitierten Beispiele hinaus ist auch das Dekret von 1474 ein gutes Beispiel dafür. Obwohl in der Einleitung des Dekrets von dem einhelligen Willen, der Mitwirkung der prelati et barones ac electi nobiles die Rede ist, zeigt sich doch auf Schritt und Tritt die entscheidende Rolle der prelati et barones bei der Abfassung des Dekrets, die es auch herausgaben, mit ihren Siegeln bekräftigten und die auch der König in mehreren Erklärungen als Verfasser der Gesetzartikel nennt, ohne es für nötig zu halten, die Mitwirkung der Abgesandten des Adels zu erwähnen. In seiner Reichstagseinladung von 1490 ersucht der König den Adel, seine Abgesandten nach Ofen zu schicken, die diete huiusmodi et consultationi, deliberationique dictorum dominorum interessé debeant. Auch der König selbst betrachtet also den Reichstag als eine erweiterte Sitzung des königlichen Rates, in die bei dieser Gelegenheit auch die Vertreter des Adels Einlaß erhalten, wo aber ganz gewiß vor allem der Wille des pars sanior zur Geltung kommt. Von diesem Gesichtspunkt ist auch beachtenswert, wie sehr in der Gesetzgebung der behandelten Zeit die politischen Forderungen des Adels im Vergleich zur vorangehenden Epoche zurückgegangen sind bzw. zugunsten der Prälaten und Barone fast vollkommen verdrängt worden waren. So haben nur ganz wenige Errungenschaften des Adels, die die Rolle in der Politik des Landes vergrößern sollten, Eingang in die Gesetze der Epoche gefunden (1458), wir treffen sie eigentlich nur in den ersten Jahren von Matthias' Regierungszeit, während sie in den späteren Jahren nicht mehr auftauchen, obwohl die Wiederholung einzelner Gesetzartikel mehrfach für wichtig gehalten wird, ja, sie erscheinen auch nicht im Decretum malus von 1486, das die wichtigsten Verordnungen der Epoche wiederholt. Der Reichstag von 1446 verfügte, daß der Reichsverweser Untreue sine scitu consilioque et requisitione regnicolarum nicht aussprechen könne, es gelang dem Adel jedoch nicht mehr, diese Bestimmung des