Franciscus Dőry: Decreta Regni Hungariae : Gesetze und Verordnungen Ungarns 1301–1457 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 11. Budapest, 1976)

Einleitung

bung hinweisenden Formen und ohne Datum. Zum Teil jedoch war die Rolle der allgemeingültigen Normen (statuta, decreta ) noch nicht so bedeutend, wie die der fast den ganzen Bereich des Privat- und Strafrechts umfassenden Rechtsge­wohnheiten bzw. der königlichen Verfügungen (mandata, edicta) in konkreten Fällen oder der gewährten Sonderrechte (privilegia). Wenn der Herrscher auch erklärte, daß er die Macht habe, allgemeine Normen zu schaffen, wollte er den­noch die Rechtsverhältnisse nicht so umfassend regeln wie Friedrich II. in Sizilien oder Karl IV. in Böhmen. Abgesehen vom Reichstag im Jahre 1351 erstreckte sich die Gesetzgebung eigentlich nur auf zwei Gebiete: auf die Regelung von Rechtsprechung und Finanzverwaltung. Und eben in der letzteren zeigt sich der Vorteil des inhaltlichen Aspektes gegenüber dem formellen am deutlichsten. Die Kammerpachtverträge (1335-1345) wollten die beiden Kovachich' aus der Sammlung der Gesetze ausschließen. Dies wäre jedoch - mit den Worten von Mitteis - die Anwendung einer veralteten Dogmatik, heute besteht ja rechtsge­schichtlich in der Wirkung von Gesetz, Vertrag und Urteil kaum ein Unter­schied. 36 Obwohl der Vertrag zwischen König und Pächter der Münzpräge­kammer und lediglich für jeweils ein Jahr geschlossen wurde, enthielt er für Münzwesen und Geldverkehr allgemeine Normen und drohte den Untertanen für den Fall der Verletzung schwere Strafen an! So kann nicht beanstandet wer­den, wenn wir - nach dem Vorbild des CJH - auch diese Kammerverträge in die Dekrete aufnehmen. Die Verwüstungen, die Türkenkriege und innere Zwistigkeiten jahrhunderte­lang in unserem Urkundenmaterial verursacht haben, rechtfertigen, daß wir auch die Hinweise auf die verschollenen Dekrete sammeln und das Bild der Gesetz­gebung des erfaßten Zeitalters durch sie ergänzen. Unsere jahrzehntelange For­schungsarbeit deckte Spuren mehrerer verschollener Dekrete auf, trotzdem können wir nicht den Anspruch der Vollständigkeit erheben. (So ist die Film­sammlung des Ungarischen Staatsarchivs bisher noch nicht systematisch durch­gesehen worden.) Diese Hinweise gibt unser Sammelband in Form von Regesten, ihre Datierung kann nur ein „terminus ante quem" sein. Wir glauben jedoch, daß das allgemeine Bild durch Außerachtlassung dieses Materials unvollständig wäre, wüßten wir doch für das Zeitalter der Anjous nicht, daß der König am 31. Okto­ber 1328 über die Jurisdiktion des Patriominalgerichts und vor 1382 in den Be­schränkungen der Präfektion eine allgemeine Regelung getroffen hat. Auf wen sich der Herrscher bei der Ausübung der Gesetzgebungsgewalt stüt­zen wollte, war vor der Entstehung des Ständestaates vollkommen seiner Einsicht überlassen. Die Mitwirkung einer möglichst großen und vornehmen Gemein­schaft schien schon deshalb wünschenswert, damit möglichst breite Kreise der herrschenden Klasse die Durchführung des Beschlusses als ihre eigene Sache be­trachteten. 37 Das Dekret jedoch, das König und Rat erließen, war nicht weniger verbindlich. Die Vertretung des ganzen „Landes", also die Mitwirkung des Reichstages wurde in dem Falle für notwendig gehalten, wenn es sich um Erneu­erung der „Freiheit" des Landes handelte. So hat sich auch unter den Dekreten 36 H. Mitteis: Politische Verträge im Mittelalter. Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsge­schichte, Germ. Abt. 67 (1950) pp. 127-128. 37 S. für die Praxis der Beratung J. Holub: Quod omnes tangit ... Revue historique de droit francais etétranger* 28 (1951) pp. 97-102.

Next

/
Oldalképek
Tartalom