Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)

Einleitung: Die Entstehung des gemeinsamen Ministerrates und seine Tätigkeit während des Weltkrieges

Erhaltung der einheitlichen Monarchie nicht ausreichen«. 4 Der österreichischen Großbourgeoisie und der Klasse der ungarischen liberalen Mittel- und Groß­grundbesitzer als den stärksten politischen Faktoren der Monarchie, mußten in ihren verfassungsmäßigen Bestrebungen Konzessionen gemacht werden. Aus dem Kompromiß zwischen der fast zwei Jahrzehnte anhaltenden absolutistischen Regierungsweise auf der einen Seite und der deutschösterreichischen Groß­bourgeoisie und der ungarischen besitzenden Klassen auf der anderen Seite, ent­stand diese politisch-administrative Einrichtung Österreich-Ungarns im letzten halben Jahrhundert. Ein bestimmter Moment der innen- und außenpolitischen Lage ermöglichte den Kompromiß zwischen den damals stärksten Faktoren der Monarchie. Der nicht zu versäumende Moment forderte gebieterisch eine rasche Lösung der Pro­bleme, und zwar so, wie es den Interessen der Parteien am besten entsprach, die den Ausgleich miteinander schlössen. Die nach der blutigen Niderschlagung der Revolution des Jahres 1848 offen gebliebenen Probleme wurden von »oben« gelöst. Eine schnelle Lösung war geboten, da eine Verschiebung der Kräftever­hältnisse eintreten und damit der Ausgleich illusorisch werden konnte. Die be­sonderen politischen und sozialen Voraussetzungen des Ausgleichs, der Umstand, daß die großen Probleme (so die soziale und die Nationalitätenfrage) ungelöst blieben, brachte es mit sich, daß der Ausgleich schwerwiegende Widersprüche in sich barg, die später zu vielen Schwierigkeiten und schließlich zum Auseinander­fall der Monarchie führten. Die Eile war jedoch selbst vom Gesichtspunkt der den Kompromiß abschließenden Parteien übertrieben, wodurch die immanenten Übel und Schwierigkeiten des Ausgleichs nur noch erhöht wurden. 5 Der Ausgleich bestimmte auf ein halbes Jahrhundert die innere Entwicklung und die internationale Position einer bedeutenden europäischen Macht an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Eben die Bedeutung des Momentes — es handelt sich natürlich um einen Moment der Geschichte, d. h. um Jahre — erfor­dert, daß ich mich mit dem Zustandekommen des Ausgleichs, hauptsächlich mit jenen Elementen seines Zustandekommens eingehender befasse, welche die grund­legenden Fakten der Amtsführung auf höchster Ebene bestimmten. III Die Thronrede, mit der der König am 14. Dezember 1865 in Buda das Parlament eröffnete, war die Einleitung zum letzten Abschnitt der Ausgleichs Verhandlungen. Der Herrscher bezeichnete die Pragmatische Sanktion als die gemeinsame Grund­lage, auf der sich die Parteien, die sich zum Prinzip der Rechtsverwirkung oder der Rechtskontinuität bekennen, treffen können. »Rechtsverlust auf der einen Seite, starre Rechtskontinuität auf der anderen, können zu keinem Ausgleich führen« — sagte der Herrscher. Schon dieses grundlegende Dokument bezeichnete klar die beiden Erfordernisse, ohne deren Berücksichtigung die neue politische Ein­richtung nicht Zustandekommen konnte, denen aber die Pragmatische Sanktion — nach der Thronrede — zu ihrer Zeit noch Genüge geleistet hatte. Die Prag-

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