Mitteilungen des K. K. Archivrates 1. (Wien, 1914)

Dr. Bertold Bretholz: Zur Geschichte des mährischen Archivwesens

Zur Geschichte des mährischen Arehivwesens. 17 In der Geschichte des mährischen Landesarchivs bildet der 13. März 1856 einen Markstein. Das Amt bestand wohl schon seit dem Jahre 1839, in dem die mährischen Stände einer Anregung des um die Landes­geschichte eifrig besorgten Grafen Anton Friedrich Mittrowsky folgend den Professor an der Olmiitzer ständischen Akademie Anton Bo ezek, der seit fast zwei Jahrzehnten auf Mittrowskys Kosten archivalisches Material sammelte und im Codex diplomatics Moraviae seit 1836 ver­öffentlichte, zum Landesarchivar von Mähren bestellt und ihm die Auf­sicht über gewisse in ihrem Besitz befindliche archivalische Bestände übertragen hatten. Die Schaffung eines eigentlichen Landesarchivs war aber damit keineswegs geplant. Man hatte nur im Auge, so rasch als möglich eine »Geschichte Mährens« verfassen zu lassen und nur von diesem Gesichtspunkte aus sollte auch an die »Erforschung der vor­handenen Quellen« und an die »Sammlung der Quellen und Materialien« gedacht werden. Etwas über sieben Jahre forschte und sammelte Boczek in einer Beihe mährischer und außermährischer Archive, schuf sich eine gewaltige Kopiensammlung, die das Land später käuflich erwerben mußte, allein die Ergebnisse seiner Tätigkeit waren nicht darnach, daß die Stände sich sofort entschlossen hätten, ihm einen Nachfolger zu geben. Es trat vielmehr nach seinem Tode (12. Jänner 1847) ein Interregnum ein, das bis zu dem oben genannten Datum des 13. März 1856 dauerte. An diesem Tage wurde die von dem damaligen Archivdirektor — diesen Titel führte der jeweilige Beferent für das Archiv im Landes­ausschuß — Peter B. v. Chlumecky verfaßte »Instruktion für das mährische Landesarchiv« vom mährischen Landesausschuß genehmigt und erlassen, um als Bichtschnur für die weitere Tätigkeit dieser Landes­anstalt zu gelten1). Dieses verhältnismäßig recht umfangreiche — zehn Abteilungen mit 79 Paragraphen, zwölf Folioseiten Druck füllend —aber auch inhaltsreiche Aktenstück krankte von Haus aus an einem großen Fehler. Es wurden darin dem Landesarchiv enorme Arbeiten sowohl archivalischer als historiographiseher Natur übertragen, ohne daß auch an die Bestellung genügender und geeigneter Arbeitskräfte gedacht worden wäre; man glaubte sich beschränken zu können, auf 1. den »Archivdirektor«, der die unmittelbare Oberleitung und Oberaufsicht über das Archiv und alle daselbst zu unternehmenden Arbeiten als Ehrenamt innehatte, und 2. den »Archivar«, dessen »Verpflichtungen« allein in 19 Paragraphen aufgezählt werden. Er hatte eine Beihe von Protokoll­und Kanzleibüchern selber zu führen, aber auch die Bedaktion und Herausgabe der historischen Quellenwerke und hier vor allem des mähri­schen Diplomatars nicht nur zu leiten, sondern sich »die Förderung *) *) Vgl. B. Bretholz, Das mährische Landesarchiv. — Seine Geschichte, seine Bestände. Brünn 1908, S. 45. Mitteilungen des k. k. Archivrates. I. q

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