Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 8. (Dritte Folge, 1914)
Tagebuch des Prinzen Eugen von Savoyen über den Streifzug nach Sarajevo im Jahre 1697. Mitgeteilt von Hauptmann Zitterhofer
12 Zitterh ofer. das Gebirge und müssen hiebei zwei Wildbäche passieren, die fast gar kein Wasser enthalten und nur zur Regenzeit unangenehm werden können. Wir kommen erst beim Lager wieder zur Bosna zurück. Dieses ist sehr schön: der Flu Li liegt hinter uns. das Kastell zur Linken. Die Kavallerie rückte um halb 1 Uhr ein, die Infanterie und Artillerie eine Stunde vor Einbruch der Nacht. Das Kastell ist in ziemlich schlechtem Zustand; es liegt in einer Ebene an der Bosna. Es ist eine Palanke *) mit einigen sie flankierenden Tschardaken2) und einer Brustwehr dahinter. Außerdem befindet sich auf der dem Wasser abgewendeten Seite ein Graben und in dem Graben noch eine Palisade nebst Pfahlwerk. Ich forderte das Kastell zur Übergabe auf, es verlangte aber Bedenkzeit bis zum nächsten Tage. Da unter den gegebenen Verhältnissen kein Tag verloren werden durfte, um dem Feind, der wieder Miene machte, sich zu sammeln, hiezu keine Zeit zu lassen, ließ ich das Kastell, nachdem einige Kanonenschüsse in die Palisaden abgegeben worden waren, auf der einen Seite von 400 Mann Infanterie und auf der anderen Seite von 300 Dragonern und anderen Reitern zu Fuß angreifen, welche die Palisaden wegräumten und sich so des Platzes bemächtigten3). Die Gefangenen sagten uns, daß die Besatzung aus 300 Mann bestanden habe, von denen ungefähr 100 unter dem Schutze der Nacht durch ein kleines Tor flüchten wollten. Dies gelang auch einigen, die meisten wurden jedoch gefangen oder getötet. Die Umgebung des Schlosses ist sehr schön; es liegt in einem großen von der Bosna durchströmten Tal. Bis zum letzten Paß haben wir kaum mehr als drei Stunden zu marschieren, doch wird der Marsch durch den Paß selbst zwei Stunden in Anspruch nehmen; von da an bis nach Serail (Sarajevo| ist alles Flachland. Am 19. marschierte ich in die Ebene von Oravitza [Orahovica], die gerade auf halbem Wege im Passe liegt und eine Stunde vom Kastell Brandok [Vranduk], wo der *) *) Bezeichnung für befestigte Dörfer an der türkischen Grenze. '-) Hölzerne Blockhäuser mit 30 Mann Besatzung, die zum Grenzschutz dienen. 8) 7 Fahnen und 3 Feldstücke fielen den Siegern in die Hände.