Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 4. (Dritte Folge, 1906)

Hauptmann Just: Das Herzogtum Warschau von seinen Anfängen bis zum Kampf mit Österreich 1809

64 Just. 2. Wirtschaftliche Notlage des Herzogtums und Versuche zur Behebung derselben. Am 14. November 1807 traf König Friedrich August von Sachsen, der bereits am 23. September durch eine Prokla­mation seine Reise nach Warschau in Aussicht gestellt hatte1), mit seiner Gemahlin und einem großen Gefolge in Posen ehr, um sich seinen neuen Untertanen als Herrscher vorzustellen. Eine Parade, von General Dqbrowski kommandiert, gab dem König Gelegenheit, das ihm vorgestellte Offizierskorps durch Lob auszuzeichnen und von den Truppen den Eid der Treue entgegenzunehmen. Eine Woche später hielt der König unter dem Donner der Geschütze, Glockengeläute und den Klängen der Militärmusiken, die sich mit den jubelnden Zurufen des Volkes mischten, feierlichen Einzug in Warschau. Hoffest­lichkeiten, Bälle, Paraden, Theatervorstellungen* 2) füllten die ersten Tage seiner Anwesenheit. Die wenigen königlichen Dekrete aus dieser Zeit zeigen nur die Absicht, Napoleons Wünschen in allen Stücken gerecht zu werden oder der tiefen Verehrung für den Kaiser Ausdruck zu geben3). Am 27. Dezember verließ Friedrich August, von Marschall Davout und allen Generalen bis an die Stadtgrenze begleitet, die Hauptstadt seines neuen Reiches. Die prunkenden Feste waren verrauscht; nun galt es an ernste Arbeit zu schreiten und den jungen Staat festzufügen und auszubauen. ') Auszugsweise Abschrift (d’Angeberg, 490): Citoyens du duciié de Varsovie! La paix de Tilsit, le résultat des efforts généreux et de vastes conceptions du héros pacificateur de l’Europe, vous a soumis ä notre couronne. Aprés tant de troubles et de bouleversements, qui ont déchiré votre patrie, vous trouverez enfin dans un ordre de cboses stable, le bonbeur et la tranquillité .... Braves soldats polonais! Déjá l’Europe vante votre courage; déjá la patrie cbante vos exploits, que la discipline militaire augmente la force comme les succés de la valeur. 2) Besondere Begeisterung erweckte die Aufführung eines Vers- stückes „Wittekind und Karl der Große”. Es war eine wenig ver­schleierte Apotheose Napoleons. Wittekind, der Ahnherr des sächsischen Königshauses, huldigt dem großen Prankenkönig. 8) So das Dekret vom 12. Dezember, welches die Änderung des Straßennamens „ulica miodowa” in ,,Napoleonsstraße” verfügt und die Entsendung einer Deputation nach Paris beschließt, um den Ausdruck der Ergebenheit und des Dankes dem Kaiser zu übermitteln. (Vergl. Skarbek, III.)

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