Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 4. (Dritte Folge, 1906)

Hauptmann Just: Das Herzogtum Warschau von seinen Anfängen bis zum Kampf mit Österreich 1809

62 Just. verwerten konnten. Es trat ein Rechts Wirrwarr sondergleichen ein. Dazu kam noch, daß das neue Recht in vielen Punkten auf polnische Verhältnisse gar nicht anwendbar war und manche seiner Bestimmungen, wie vor allem im Eherecht, sogar das religiöse Empfinden des Volkes verletzten. Die Un­zufriedenheit mit den bestehenden Rechtsnormen steigerte sich immer mehr, so daß der Reichstag vom Jahre 1810 eine Besserung nur in der Aufhebung des „Code civile” erblickte. Uber das Heerwesen gab der Titel X der Verfassungs­urkunde bloß ganz flüchtige Anweisungen. Das Herzogtum hatte eine Armee von 30.000 Mann Infanterie, Kavallerie und Artillerie (die Nationalgarden nicht eingerechnet) zu unter­halten. Dem König von Sachsen wurde das Recht eingeräumt, einen Teil dieser Truppen nach Sachsen verlegen zu können, doch war er verpflichtet, den Abgang im Lande sofort durch ein gleichgroßes sächsisches Kontingent zu ersetzen. Die Abtretungskonvention vom 22. Juli 1807 1) ergänzte diese Bestimmungen. Das Herzogtum hatte für die Befestigung von Thorn, die Herstellung des Brückenkopfes von Sieroqk und die Instandhaltung wie Armierung des Brückenkopfes von Praga zu sorgen. Im Kriegsfall waren die polnischen Truppen wie die aller übrigen Rheinbundstaaten verpflichtet, Napoleon Heeres­folge zu leisten. Für diese Eventualität hatte bereits Artikel 16 des Tilsiter Friedensvertrages eine große Militärstraße zur Ver­bindung des Herzogtums mit Sachsen gesichert, welche gleich­zeitig zur Förderung der Handelsinteressen dienen sollte. Die­selbe ging über Guben, Krossen, Züllichau, Köpnitz an die polnische Grenze und von hier bis Warschau. Truppentrans­porte durften von den preußischen Zollbehörden unter keinerlei Vorwand aufgehalten werden* 2); Bagagen und Mundvorräte waren frei von allen Abgaben. Eine schwere Verpflichtung hatte König Friedrich August übernommen, indem er auf das „Anerbieten” Nap o­*) Convention entre la France et la Saxe, concernant la cession du duché de Varsovie. (d’Angeberg, 481.) 2) Convention entre la France et la Prusse relativement k la route militaire, qui sera établie entre la Saxe et le duché de Varsovie. Elbing le 13 octobre 1807. (d’Angeberg, 495.1

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