Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte der K. und K. Wehrmacht 4. (1905)
Die Artillerie - Geschicht der Organisation und Entwicklung der k. und k. Feld-Artillerie 1618-1903 - Einleitung
9 Der Nachfolger Kinskys, Colloredo, fügte der Feld-Artillerie neue Formationen ein, 1786 das Bombardier-Corps, als Pflanzschule tüchtiger Officiere und 1790 zur Yersehung der Handlangerdienste das Artillerie-Füsilier- Bataillon. Der geringe numerische Stand der Artillerie machte sich schon in den Kriegen 1792—1801 zum Nachtheile der Armee fühlbar, aber man behalf sich stets mit einer theilweisen Erhöhung der Stände der Compagnien, bis endlich 1802 unter Auflösung des Füsilier-Bataillons, den bestehenden drei Regimentern ein viertes angereiht wurde. Als aber auch diese Massregel den Bedarf nicht deckte, versuchte man dem Mangel durch Vermehrung der Compagnien im Regimente zu steuern. Hinsichtlich der Formierung der Artillerie für das Feld traf weder Kinsky, noch Graf Colloredo eine Aenderung, nur die Bezeichnung der sogenannten zweiten Reserve erfuhr insoferne eine Wandlung, als diese nun schwere Reserve genannt wurde. Hier eine neue Gestaltung hervorzurufen, die Artillerie entwicklungsfähig zu formen und den neuen Ideen des Kampfes anzupassen, war einem edlen und hochherzigen Prinzen aus dem Hause Habsburg Vorbehalten. Die Infanterie war aus der starren, steifen Linie zur beweglichen, kein Terrain scheuenden Truppe geworden; was nützten ihr da die Bataillons- Geschütze, die diesen Bewegungen nicht folgen konnten ? Was sollte weiters die gewohnte Zersplitterung der Artillerie in der ganzen Schlachtlinie, wo es galt, an bestimmten durch die Natur und den Angriff gegebenen Punkten möglichste Kraft zu entfalten ? Eine Concentration der Geschütze war nöthig; diese musste aber einem höheren Führer überantwortet werden, als den Bataillons- oder Regiments- Commandanten. Der Erzherzog legte sie in die Hand der Brigade-Uomman- danten. Und so wurden schon 1808 alle Regiments-Geschütze, in Batterien vereint, zur Disposition der Brigadiere gestellt. Die altehrwürdige Eintheilung der Armee in Flügel und Treffen war unbrauchbar geworden neue Formen mussten geschaffen werden und so theilte der Erzherzog seine Armee 1809 in Corps, die, selbständig ausgerüstet,. Beweglichkeit, und einheitlich geleitet, die Möglichkeit vereinten Schlagens garantierten. Dieser Eintheilung musste auch die Gliederung der Artillerie angepasst werden. Jedes Corps erhielt dementsprechend eine Reserve an Geschützen und. Munition, die mit ihm marschierte, und eine Reserve an Munition, die ihm zur Ergänzung folgte. Die Idee des Erzherzogs entsprach der modernen Auffassung über die Eintheilung der Artillerie, aber die Corps-Commandanten jener Zeit gewohnt, bis ins Kleinste vom Feldherrn geleitet zu werden, waren der neuen Aufgabe nicht gewachsen. Noch im selben Jahre wurde daher, neben der Corps-Artillerie und ihrer Munitions-Ausrüstung, eine Armee-Reserve an Geschützen und Munition gebildet. Die Gliederung der Artillerie von 1809 erfolgte somit den Geschützen nach in Brigade-Batterien, die Corps-Artillerie — Unterstützungs-Reserve genannt — und die Artillerie der Armee, •— die Armee-Geschütz-Reserve ; nach der Munition, in jene bei den Batterien, bei der Unterstützungs-Reserve, bei der Armee-Reserve und der schweren Reserve. Zu Beginn des Jahres 1813 auf kurze Zeit unterbrochen, blieb diese Eintheilung, dem Wesen nach, bis 1867 bestehen. Die Artillerie-Truppe hingegen behielt die Formation, welche ihr Kinsky und Colloredo gegeben, bis 1850 bei. Nur durch die, 1808 ei’folgte Aufstellung eines Handlanger-Corps, das bis 1816 bestand, jene eines fünften Regimentes im Jahre 1816, die Schaffung eines Feuerwerks-Corps zur Erzeugung und Bedienung der Raketen-Geschütze, 1817, änderte sich die Zahl der bestehenden Artillerie-Körper. Und doch war es gerade die Gliederung der Truppe, welche mit Rücksicht auf die neue Formation im Felde gebieterisch eine Aenderung verlangte. Es war daher eine erlösende That, als bei der Neuorganisation der gesammten Artillerie, 1850, die Feld-Artillerie, unterBeibehaltung desRegiments-