Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 2. (Dritte Folge, 1903)

Hauptmann Criste: Die österreichische Truppen-Aufstellun gegen Preussen und Polen, 1790

20 Criste. ständen die Pforte zu einer ausgiebigen Diversion gegen beide kaiserliche Höfe vermöget werden könnte. Hierauf gründet sich die Ursache, warum man den in Constantinopel angestellten chargé d’affaires Diez zum bevollmächtigten Minister ernannt hat und ihn als solchen mit nicht geringen Unkosten unter­hält, auch eine türkische Gegenbeschickung nach Berlin, unge­achtet des damit verbundenen beträchtlichen Aufwandes, zu erhalten suchet.” An ein regelrechtes Bündnis Preussens mit der Pforte im Palle eines Krieges glaubte Kaunitz nicht, er war vielmehr der Ansicht, dass Preussen eventuelle Vor­theile der Türken ausnützen, „im entgegengesetzten Falle aber sie mit leeren Worten abspeisen würde').” Dementsprechend lauteten denn auch die Weisungen des Kanzlers an den Fürsten Ileuss. „Der allerwesentlichste und wichtigste Hauptgegenstand,” ■schrieb er ihm am 10. März 1787, „welchen ich Dero unaus­gesetzter Aufmerksamkeit und der sorgfältigsten Combinierung aller dahin einschlagenden, auch geringsten Umstände ganz vorzüglich empfehlen muss, bestehet in allem demjenigen, was irgend eine Beziehung auf die gründliche und so viel möglich zuverlässige Beurtheilung der Frage haben kann, ob und in­wieweit zu erwarten sei, dass unter der Regierung des der- maligen Königs eine von allen Seiten so künstlich zusammen­gesetzte, im Grunde überspannte, nur durch die genaueste Sparsamkeit, strengste Ordnung und grösste Activität aufrecht zu erhalten mögliche Maschine, wie die preussische Staats­verfassung ist, mehr oder weniger abnehmen, lockerer werden und in Verfall kommen wird. Dieses letztere wird von mehreren Höfen nach der Beschaffenheit ihres verschiedenen Interesses bereits wirklich entweder gehofft oder gefürchtet. Und in der That, wenn jene Anekdoten auch nur zur Hälfte richtig sind, die durch so mannigfaltige Kanäle von der persönlichen Denkimgs- und Benehmungsart des jetzigen Königs, von seinem Hange zur Unthätigkeit, zum Aufwand, ziun weichlichen Ver­gnügen etc. zu unserer Kenntnis gekommen sind, so lässt sich nicht ohne Grund ein sehr wesentlicher Unterschied der Wirkungen und Folgen zwischen der vorigen und dermaligen ’) Kaunitz an ßeuss, 10. März 1787. (H. H. u. St. A.)

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