Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 1. (Dritte Folge, 1902)

Hauptmann von Hoen: Der Strassenkampf in Paris am 28. und 29. Juli 1830

66 H o e n. nicht mit einer Revolution, sondern nur mit einer Erneute, die er bei einiger Energie der Garde niederzuschlagen hoffte. Unterstützt wurde diese Annahme dadurch, dass es nur noch an einigen anderen Stellen seitens einzelner Patrouillen zum AVaff engebrau che kam und die Strassen sich gegen 9 Uhr abends leerten, so dass um 9 Uhr 30 Minuten abends der Befehl ertheilt werden konnte, in die Kaserne abzurücken. Mehrere Anzeichen sprachen indessen schon jetzt dafür, dass man es am nächsten Tage mit einem ernsten Widerstande zu thun haben werde. Gegen Abend erblickte man Waffen in den Händen des Volkes. Man hatte einige Waffenläden ge­plündert, bei der Börse einen Posten der Gendarmerie über­fallen und das Wachhaus eingeäschert, während am Markt des Innoeens ein gleicher Versuch am Widerstande der Gendarmen scheiterte; auf dem Quai de l’Ecole hatte ein Mann die verpönte dreifarbige Fahne entrollt, der die Menge begeistert zujubelte. Dies waren bedrohliche Anzeichen, die durch die mit der Dunkelheit eingetretene Buhe nicht abge­schwächt wurden. Denn das Volk suchte seine Behausungen nur deshalb auf, weil es noch nicht zum Kampf organisiert war und in Folge des Zerschlagens sämmtlicher Laternen Finsternis herrschte, aber die führenden kaiserlichen Officiere und Soldaten waren thatig, den AViderstand für den kommenden Tag vorzubereiten. Einzelne Veteranen schlichen sich in die Kasernen und trachteten die Soldaten mit Hinweis auf den Sohn Napoleon I. zum Treubruch zu verleiten. Sie hatten bei der Linie Erfolg; gegen Morgen desertierten 60 Mann vom 50. und einige des 5. Regiments. M arm ont scheint selbst den Eindruck gewonnen zu haben, dass sich ernste Dinge an­kündigten, worauf seine während der Nacht eingeleiteten Massnahmen zur Verstärkung und ein in der Früh geschriebener Bericht an den König hindeuten. Bezeichnend ist das Verhalten der polytechnischen Schule. Dieselbe zählte 250 Zöglinge, von welchen die älteren mit Sergeant- und Sergeantmajor-Rang täglich von 2 bis 5 Uhr nachmittags ausgehen durften. Diese brachten die Nachricht von den statthabenden Vorgängen in die Anstalt,

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