Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 1. (1898)
Die Fuss-Truppen - I. Infanterie - Die Chargen und ihre Obliegenheiten
- 101 und an die diesseitigen Grenzen zu transportieren, mithin die Transporte Commanden zur raschen Beförderung des Dienstes im gegenseitigen Einvernehmen zu handeln. Sobald eine Anzahl Recruten angeworben war, mussten dieselben ohne Aufenthalt an die Sammelplätze abgegeben werden, wodurch die bisher übliche, jedoch für die Werbe-Offlciere sehr kostspielige Unterhaltung grösserer Werbehäuser, wo anderseits den Recruten leicht Gelegenheit zur Desertion geboten war, entfiel. Als Grenzorte, bis wohin die Recruten von den Transport-Commanden gestellt werden mussten, waren: Roermonde für die Regimenter in den Niederlanden, Reutte für die Regimenter in Italien (eventuell Inner-Oesterreich), dann Eger bezüglich aller in den übrigen Erblanden oder in Ungarn liegenden Regimenter bestimmt. In diesen Orten wurden die Recruten von den daselbst (oder in dem Lande zunächst) einquartierten Regimentern übernommen und ablösungsweise mit Ordnung und Richtigkeit an den Ort ihrer Bestimmung abgefiihrt1). Mit Rücksicht auf die Theuerungs-Yerhältnisse im Reiche wurden auch die Gebühren bei den Werbe-(Transport-)Commanden erhöht, überhaupt keine Gemeinen mehr zu dem Geschäfte der Ersteren commandiert. Das Werbegeld für einen Recruten war mit 50 fl. normiert, doch wurden hievon 20 fl. sofort für die Montierung an die Regimenter abgeführt* 2 3); der Rest von 30 fl. wurde jedoch mit 36 fl. Reichs-Währung berechnet und hatten die Werbe-Offieiere hievon das Hand- und Anbringgeld und andere Werb- Unkosten zu bestreiten. Einführung der Conscription, Werb-Bezirks-System 1771(1781)-1804. Nachdem vielen Regimentern schon nach dem Hubertsburger Frieden bleibende Garnisonen zugewiesen worden waren, erhielt 1771s) jedes der 37 deutschen Infanterie-Regimenter4) in den Erblanden ständige Garnisons-Orte (Standquartiere) und Werbe-Rayons. Gleichzeitig begannen die Vorarbeiten zur Durchführung der Conscription in den Erblanden (mit Ausnahme von Tyrol) und erfolgte, nachdem dieselben beendet waren, 1780 die allgemeine Einführung der Militär-Conscription in den erwähnten Provinzen, wonach 1781 das neue „Conscriptions- und Werb-Bezirks-System” für dieselben publiciert wurde5). Das System der Conscription basierte im weiteren Sinne auf dem Grundsätze, dass jeder Staatsbürger zum Kriegsdienste verpflichtet sei; doch konnte man sich von letzterem loskaufen, oder in der Erfüllung der Wehrpflicht vertreten lassen. Auch waren zahlreiche Bevölkerungs-Classen, besonders die gebildeten und besitzenden, von der Wehrpflicht befreit6). Die einzelnen Werb-Bezirke der deutschen Regimenter wurden nunmehr genau abgegrenzt7) und jeder derselben nach der Zahl der Füsilier-Compagnien in 16 Compagnie-Bezirke getheilt8). *) Zur Sommerszeit konnte sich auch des Wasser-Transportes anf der Donau von Günzburg und Regensburg bis Oesterreich oder Ungarn bedient werden. 2) Hiedurch wurden auch die Werbe-Officiere von der Verpflichtung, für diese zu sorgen, entlastet. 3) Allerhöchste Resolution vom 13. Mai 1770. 4) Die beiden sich aus Tyrol, beziehungsweise Vorder-Oesterreich ergänzenden Regimenter, welche so wie diese Werbe-Rayons im deutschen Reiche erhalten hatten, jetzt nicht eingerechnet. 5) H. K. R. Verordnung vom 11. März 1780. 6) Hiezu gehörten Geistliche, Adelige, Beamte, Honoratioren und Söhne^ dieser drei letzteren Gattungen, dann die zum Ackerbau. Bergbau, Gewerkschaften, Eisenwerken, Fabriken, Schiffahrt u. s. w. unumgänglich nöthigen Individuen. 7) Siehe Tabelle, Beilage VII. 8) Der Ersatz für die Grenadier-Compagnien erfolgte durch Zutransferierung geeigneter Leute von den Füsilier-Compagnien, welche bei den Musterungen ausgewählt wurden und mussten bei jeder derselben 12 Mann hiezu evident gehalten werden.