Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 1. (1898)

Die Fuss-Truppen - I. Infanterie - Die Chargen und ihre Obliegenheiten

- 92 — Die Institution der Einjahrig-Freiwilligen hat den Zweck, jene Wehr­pflichtigen, die sich höheren Studien widmen, durch die dreijährige Präsenz- Dienstzeit nicht in einer für ihre spätere Laufbahn empfindlichen Weise zu schädigen. Gleichzeitig soll durch die Einjährig-Freiwilligen der im Kriegs­fälle eintretende grosse Mehrbedarf an Subaltern-Officieren, Cadetten, Aerzten u. s. w. gedeckt werden. Als Bedingung zum Eintritt als Einjahrig-Freiwilliger ist die Absol­vierung einer inländischen Mittelschule oder einer dieser gleichgestellten Lehr­anstalt, eventuell die hei einem Truppen-Divisions-Commando abzulegende Vorprüfung in gleichem Umfange des Wissens nothwendig. Dem Einjahrig-Freiwilligen ist die Wahl des Truppenkörpers, die physi­sche Eignung für specielle Waffengattungen vorausgesetzt, freigestellt. Wahl der Garnison wird gegenwärtig nicht zugestanden. Der einjährige Präsenz-Dienst, welcher am 1. October anzutreten ist, wird grundsätzlich „auf eigene Kosten” abgeleistet, worunter Bekleidung, Ausrüstung und Verpflegung aus eigenen Mitteln verstanden ist. Die auf eigene Kosten Dienenden haben Anspruch auf ärarische Unter­kunft, doch kann ihnen, wenn keine Gründe der Disciplin und Ausbildung eine Ausnahme erfordern, gestattet werden, ausser der Kaserne zu wohnen. Mittellose, welche nebst gutem sittlichem Betragen den wissenschaftlichen Befähigungs-Nachweis durch Beibringung eines Vorzugs- oder Maturitäts-Zeug­nisses einer inländischen Mittelschule darlegen und welche ferner nachweisen. dass sie den für den Unterhalt während des einjährigen Präsenz-Dienstes unbe­dingt erforderlichen und jeweilig festgestellten Kostenbetrag (gegenwärtig Ill- Gulden') nicht aufzubringen vermögen, können ausnahmsweise auf „Staats­kosten” bekleidet, ausgerüstet, verpflegt und bequartiert werden. Die Einjahrig-Freiwilligen auf Staatskosten erhalten die Gebühr eines Soldaten der niedersten Soldclasse. Die einjährige active Dienstzeit bleibt aus­schliesslich der militärischen Ausbildung gewidmet. Am Schlüsse des Präsenz-Dienstjahres haben die Einjahrig-Freiwilligen durch Ablegung einer Prüfung die' Befähigung für die Ernennung zum Reserve-Officier (beziehungsweise nichtactiven Landwehr-Officier) in theoretischer und practischer Beziehung nachzuweisen. Diejenigen, welche diese Prüfung bestehen und den sonstigen für die Erlangung der Officiers- Chai'ge erforderlichen Bedingungen entsprechen, werden auf den nach der Organisation erforderlichen Bedarf zu Reserve-, beziehungsweise nichtactiven Landwehr-Officieren und wenn dieser gedeckt ist, zu Cadetten ernannt *). Jene Einjährig-Freiwilligen, welche bei dieser Prüfung nicht entsprechen, haben unter Beibehaltung ihrer Eigenschaft als Einjahrig-Freiwillige, ein zweites Jahr bei den Unter’-Abtheilungen ihrer Truppen präsent zu dienen. Nach Ablauf des zweiten Präsenzjahres kann die Prüfung wiederholt werden und erfolgt sodann die Uebersetzmig als Unterofficier oder Soldat in die Reserve (Landwehr). Im Kriegsfälle erlischt das Recht zum Aufschub des Präsenz-Dienstes 2). Die gewesenen Freiwilligen haben der Einberufung un- verweilt Folge zu leisten und treten ohne Unterschied sogleich in ärarische Verpflegung und Bekleidung. Die Freiwilligen gelangen nach abgelaufenem Präsenz-Dienst in jenen Jahr­gang der Reserve, in welchen sie nach dem Zeitpunct ihrer Assentierung ge­hören s). * 3 p Nach dem Wehrgesetze von 1869 wurden alle, welche die Prüfung bestanden, zu Reserve-Officieren ernannt; jene, welche sich der Prüfung nicht unterzogen, oder dieselbe nicht befriedigend ablegten, wurden als Unterofficiere oder Soldaten in die Reserve übersetzt. y Jenen Einjahrig-Freiwilligen, welche ihre Studien an höheren Lehranstalten fort­setzen, ist die Wahl des Jahres für die Ableistung des Präsenz-Dienstes freigestellt, doch darf dies nicht über den 1. October jenes Jahres ausgedehnt werden, in welchem sie das 24. Lebensjahr erreichen. 3) Aus solchen hervorgegangene Reserve - Officiere werden im Frieden nach ein­jähriger Heeres-Dienstzeit in die Landwehr übersetzt, eventuell können solche über ihre Bitte auch vor vollstreckter Heeres-Dienstpilicht in den Activstand der Landwehr über­nommen werden. Anderseits können solche aber auch, wenn sie darum ansuchen, im Reserve- Verhältnisse belassen werden.

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