Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 1. (Neue Folge, 1887)

Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. Eine Selbstbiographie

22 Erinnerungen aus dem Leben des FM. Grafen Radetzky. nahm die Direction gegen Castiglione delle Stiviere, wo man gleichzeitig mit den Colonnen des Feindes anlangte und nach einem kurzen Widerstande einen eiligen Rückzug über Valeggiö nach Trient antrat. FML. Ott mit der zahlreichen Artillerie über­nahm die Arriéregarde und die Aufstellung der Vorposten. Hier in Trient trat alle Thätigkeit ein, um die Armee nach ihren Niederlagen wieder zu ergänzen und auszurüsten. Mittler­weile entwarf man einen neuen Operationsplan, demzufolge die ganze Armee links abmarschiren, durch die Val Sugana nach Bas- sano und von da weiter über Verona und die Etsch gegen Mantua Vordringen sollte. FML. Davidovich hatte mit einer Colonne im Etsch-Thale vorzugehen und die Bewegung der Armee zu maskiren. Der Marsch wurde in der Nacht angetreten und ungehindert bis Bassano fortgesetzt. Der Plan musste dem feindlichen Feldherrn bekannt worden sein, denn am Morgen des Tages nach dem Abmarsche der diesseitigen Armee wurde, nachdem Davidovich im Etsch-Thale mit Uebermacht angegriffen und geschlagen worden war, Trient vom Feinde besetzt und von diesem der Marsch durch die Val Sugana fortgesetzt. Die ganze Gebirgslehne am Ausgange des Defilés ward vom Feinde occupirt, man sah die feindlichen Jäger auf dem Gebirge herumsteigen, so dass man eines Ueberfalles gewärtig sein musste. Es blieb jedoch Alles ruhig und die Dis­position ward in nichts geändert. Der Feind wusste die Gebirgs­wege zu benützen und detachirte auf denselben eine Abtheilung, die Bassano umging und die gegen Verona führende Strasse be­setzte. Zugleich detachirte Napoleon eine feindliche Colonne über Verona gegen Bassano. Das abermalige Misslingen der beabsichtigten Operation ver­ursachte in unserem Hauptquartier Unentschlossenheit, die noch durch das Vorhandensein eines neuen General-Quartiermeisters, des FML. Baron Lauer, sich vermehrte. Dieser würdige Offieier, ein Ehrenmann ohne besondere Fähigkeit, avancirte im Beginne seiner Laufbahn im Ingenieur-Corps, wurde stets in seinem fortificatorischen Fache verwendet, hatte nie bei der Truppe gedient und war unbe­kannt mit seinen Berufspflichten. Dem eigentlichen Operations­dienste fremd, bat er bei seiner Ernennung um Enthebung. Da jedoch die damalige Seele des Hof-Kriegsrathes, der Staatsrath

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