Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1886)

Kriegs-Chronik Österreich-Ungarns. II. Theil. Der südwestliche Kriegsschauplatz im Donauthale und den österreichischen Alpenländern. (Mit eigener Paginirung)

Ki odan. St. Willi­bald. Am folgenden Tage Früh wurde das Feuer eröffnet, welches seitens der Vertheidiger nur eine schwache Erwiderung fand. Inzwischen hatte aber der Bischof und Landesherr von Passau, Cardinal Graf Lamberg, ohne den kaiserlichen Commandanten hievon zu verständigen, mit dem Churfürsten Unterhandlungen wegen Über­gabe des Platzes angeknüpft. Gronsfeld hätte zwar die Stadt aufgeben und sich in die auf dem linken Donau-Ufer gelegene Feste Oberhaus zurückziehen können, allein deren geringe Vertheidigungsfähigkeit, sowie der Mangel jedweder Vorbereitung zwangen ihn, auf diesen Gedanken zu verzichten und der Capitulation gegen freien Abzug der Besatzung zuzustimmen. Am 10. Januar räumten die Kaiserlichen Passau und zogen sich über die Grenze zurück. Nunmehr glaubte der Churfürst die Zeit gekommen, durch eine Invasion in Ober-Österreich sich für die wiederholten Einfälle der Kaiserlichen in Bayern zu entschädigen. Nach Zurücklassung einer Besatzung in Passau, rückte der Churfürst am 12. Januar mit 9000 Mann über den Inn und griff am folgenden Tage die von schwachen kaiserlichen Abtheilungen besetzten Verschanzungen bei Riedau und St. Willibald an. Gronsfeld eilte zwar sofort von Peuerbach mit Truppen nach St. Willibald, konnte aber gegen die Übermacht nichts ausrichten und zog sich wieder zurück. Der Commandant der dortigen Schanze capitulirte gegen freien Abzug; Riedau wurde in der Nacht auf den 14. geräumt. Gronsfeld war nun darauf bedacht, die Vertheidigung des Landes an der Traun zu organisiren. Nach seinen Erfolgen bei Riedau und St. Willibald setzte der Churfürst den Vormarsch über Peuerbach gegen Weitzenkirchen und Efferding fort und schrieb zugleich eine grosse Contribution aus. Die Grausamkeit, mit welcher diese eingetrieben wurde, sowie die von den Bayern verübten Greuel stachelten das Landvolk zur Rache und zum Widerstande auf. Zur Nachtzeit wurden viele bayerische Soldaten in ihren Quartieren überfallen und erschlagen. Dieser unerwartete Aufstand, sowie eine gleichzeitig aus München eingelangte Nachricht, dass ein Einfall aus Tirol drohe, bestimmten den Churfürsten, am 18. Januar den Rückzug anzutreten. In wenigen Tagen trieb nun Gronsfeld, unterstützt von dem zahlreich aufgebotenen Landstürme, die Bayern wieder vollständig aus dem Lande. Mitte Februar fielen die Truppen des Churfürsten neuerdings in Ober-Österreich ein und nahmen die festen Schlösser Starhemberg und Eberschwang. Die Bayern begingen die entsetzlichsten Grausam­keiten, um die Bevölkerung von jedem Widerstande abzuschrecken, sollten sich aber bald in ihren Voraussetzungen gründlich täuschen. Kriegs-Chronik Österreich-Ungarns. 4

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