Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1886)

Major von Angeli: Des kaiserlichen Feldmarschalls Grafen Veterani Heldentod bei Lugos (Feldzug 1695 gegen die Türken)

die Situation für die kaiserlichen Waffen sei, so lange der Grossherr zwischen der Hauptarmee, dem Veteranischen Corps und Lippa stehe und wie ein rechtzeitiges Zusammenwirken dieser Kräfte den Feind unter Umständen zur Schlacht zwingen müsse, die einen glücklichen Ausgang für die kaiserliche Armee kaum zweifelhaft erscheinen Hessen. Verliere man aber noch mehr Zeit mit zwecklosen Märschen, so werde der Grossherr die schwächeren Gegner zuerst einzeln ver­nichten und sich dann Siebenbürgens bemächtigen, ohne dass ihm die Hauptarmee durch das dann ausgesogene Land dahin folgen könne. Gestützt auf seine genaue Landeskenntniss, verbürgte siehFZM.Heister, die Armee in drei Märschen bis in die Nähe von Lippa und in eine solche Stellung zu führen, wo sie mit dem rechten Flügel an das Gebirge, mit dem linken an einen bis zur Maros reichenden Morast sich lehnend, mit dem grössten Vortheile den Feind erwarten könne. Es war kaum möglich, solchen Argumenten mit Grund ent­gegen zu treten; auch der Churfürst war von den Ausführungen Heister’s überzeugt und warf wiederholt die Worte in die Berathung: „Was wollen wir jenseits der Maros machen? Ich kann nicht sehen, zu was Ende oder Nutzen“, aber „Einige des Landes Unkundige und Andere, so von dem autore dieser schädlichen Circulation schon prävenirt waren, wussten die Sache in ihrem Sinne darzustellen“ und so wurde endlich doch der Flussübergang angeordnet. Am 12. September marschirte die Armee nach Csanád zurück, passirte am selben Tage die Maros und gelangte am 13. bis Nagy- Lak, wo sie die Nachricht von dem ersten Unglücksfalle erwartete, den die widersinnigen Anordnungen des Ober-Commando’s herbei­geführt hatten. Die Türken, welche am 6. September vor Lippa angekommen waren, hatten schon folgenden Tages einen allgemeinen Angriff unter­nommen. Die Besatzung dieses Platzes reichte wohl hin, um das Schloss und die Hauptbefestigungen, nicht aber zugleich die durch eine Palanka geschützte Stadt mit ihren weitläufigen Proviant- Magazinen zu vertheidigen. Da der Commandant von Lippa jedoch mit voller Bestimmtheit auf einen Entsatz durch die Hauptarmee rechnete, so glaubte er die Stadt sammt den Vorräthen nicht gleich Anfangs preisgeben zu sollen, sondern hoffte sich so lange behaupten zu können, bis durch die Annäherung der Armee die Kräfte des Feindes von dem Angriffe abgelenkt werden würden. Diese Voraus­setzung war um so berechtigter, als nach Verhältniss der Aufbruchs­orte und der Marschgeschwindigkeit beider Heere wohl angenommen werden konnte, dass die kaiserliche Hauptarmee um nicht mehr als einen, höchstens aber zwei Tage später, als die Spitze des türkischen Heeres vor Lippa anlangen würde.

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