Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1886)
Zwischen Donau und Elbe. Skizze der Kriegsbegebenheiten in Ostböhmen im XVIII. Jahrhundert
28 Zwischen Donau und Elbe. Stellung des Feindes, auf die Kenntniss des Charakters seiner Generale und auf die Maximen, die sie bisher gegen ihn befolgt hatten.“ Der beginnende Feldzug 1757 fand an der Spitze der Österreicher wieder den Prinzen Karl statt des Feldmarschalls Browne, der das Vertrauen der Armee besass und jetzt dem-Prinzen als Ad- latus beigegeben wurde. Ein Mann der Initiative und des Angriffes, war Browne in mancher Beziehung ein Gegensatz zu dem umsichtigen, klugen und vorsichtigen Traun, und man unterschied damals in der österreichischen Armee ganz genau zwischen dem „Sich schlagen ä la Browne oder a la Traun“. Der Feldherr war indessen noch nicht beim Heere angelangt, als die Preussen in vier weit auseinander gezogenen Colonnen in Böhmen einbrachen: über Komotau, über Kulm, über Reichenberg und über Trautenau auf Pi’ag zu. Die Colonnen von Reichenberg und Trautenau überschritten am 4. Mai hei Brandeis die Elbe zur Vereinigung mit dem König, der seinerseits am selben Tage bei Selc unterhalb Prag auf das rechte Moldau-Ufer überging. Die Österreicher waren in mehreren Gruppen vertheilt: das Hauptheer bei Budin an der Eger unter dem Prinzen Karl, das Corps des Feldmarschalls Königsegg hei Reichenberg, und das Corps des Generals Serbelloni bei Königgrätz. Beim, Vor rücken der Preussen ging Prinz Karl auf Prag zurück, während die Wendung der beiden östlichen preussisclien Colonnen gegen Prag es Serbelloni gestattete, von Königgrätz nach Neu-Bidzow vorzugehen. Hier übernahm Graf Leopold Daun das Commando des kleinen Corps und marschirte gegen Kolin herab, bis Zizelic, nahe bei Chlumetz. Die Vereinigung des Daun’schen Corps und Prinz Karl gelang aber nicht mehr. In der Schlacht am 6. Mai bei Prag erkämpfte Friedrich II. — wenn auch mit grossen Opfern — den Sieg, die Armee des Prinzen Karl wurde ■— 50.000 Mann stark — nach Prag geworfen und dort von den Preussen eingeschlossen. Friedrich II. hielt alles für gewonnen. Er schreibt an den Feldmarschall Keith noch am 24. Mai'): „Ich hoffe jetzt mehr als je, dass toute cette race von Fürsten und Völkern der Österreicher gezwungen sein werden, die Waffen niederzulegen.“ Feldmarschall Daun erreichte mit 36.000 Mann am Tage der Schlacht Sadska, am 7. Mai in Böhmisch-Brod die Hauptstrasse von Prag nach Kolin. Bis zum 9. Mai war es trotz aller Versuche nicht gelungen, sichere Nachrichten vom Ausgange der Schlacht zu erhalten, erst an diesem Tage klärte sich durch preussische Cavallerie- Angriffe die Lage, und Daun, der sich nicht für stark genug hielt, um schon jetzt den Kampf zu wagen, ging zuerst aufPlanau (Planian), *) Schöning’, „Der siebenjährige Krieg“, I, 71.