Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)
Major Wiener: Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr. Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763-1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreichs gegen die französische Revolution (Schluss)
IX. Der Kevolutionskrieg in Belgien (1787—1790). 87 neten in London, Berlin und im Haag, für die Freiheit Belgiens gesprochen. Mit eitlen Hoffnnngen erfüllt, hatte er, umgeben von einem Haufen Emigranten und Deserteuren, im Dorfe Breda mit Bewilligung der Generalstaaten sein Hauptquartier aufgeschlagen. Gleichzeitig hatte Vonck im Innern des Landes den Plan zu einer Association „pro aris et focis“ entworfen, welche im Geheimen bald ihre Fäden über das ganze Land erstreckte und Alles zu einem allgemeinen Aufstande vorbereitete. Der Bund organisirte zu Hasselt im Lüttich’schen ein kleines Corps. Bestechungen und Bedrohungen verleiteten zu zahlreichen Desertionen unter den belgischen Regimentern; die Emigration nahm trotz der schärfsten Drohungen der Regierung in grossem Masse zu. Die anfangs unbedeutende Schaar der Rebellen verstärkte sich von Tag zu Tag. Eine zur Aufhebung des Vonck’schen Corps in das Lüttich’sche unternommene Expedition misslang; rechtzeitig gewarnt, erreichten die Rebellen die holländische Grenze und vereinigten sich mit den bei Breda versammelten Schaaren zu einer kleinen Armee von circa 5000 Mann. Die Regierung suchte durch die strengsten Massnahmen der Bewegung Einhalt zu thun. Durch Belohnung von Angebern wurden zahlreiche Denunciationen hervorgerufen; Niemand fühlte sich mehr sicher, zahlreiche Verhaftungsbefehle ergingen, denen sich Viele, darunter auch Vonck, durch die Flucht entzogen. Der kleinen Armee der Aufständischen fehlte es damals noch an dem Nothwendigsten; aber es war doch Vonck gelungen, ihr in dem pen- sionirten Oberst van der Mersch, einem gebornen Belgier, der in französischen und zuletzt in österreichischen Diensten gestanden, sich durch Tapferkeit ausgezeichnet und nach dem bayerischen Erbfolgekriege wegen Kränkung den activen Dienst verlassen hatte, einen Comman- danten von Geist und Erfahrung zu geben. Van der Mersch sah ein, dass mit seinen Schaaren in ihrer damaligen Verfassung gegen reguläre Truppen nichts auszurichten war, vielmehr einige Escadronen Cavallerie hingereicht hätten, dieselben auseinander zu jagen. Uneinigkeit, das gänzliche Ausbleiben fremder Hilfe und Mangel aller Art hätten beinahe dahingeführt, dass das ganze Unternehmen noch vor Beginn einer Invasion als aussichtslos aufgegeben worden wäre. Das Comité von Breda, mit van der Noot an der Spitze, drängte zur Invasion Flanderns. Da auf Seite der Österreicher nur kleine fliegende Detachements unweit der Grenze sich aufhielten, standen nur geringe Hindernisse im Wege. Wäre van der Mersch beim Überschreiten der Grenze von einer entsprechenden militärischen Macht aufgehalten worden, so hätte er kaum gewusst, wohin er sich wenden sollte, denn auf holländischem Gebiete konnte man schicklicher Weise und wollte man vielleicht auch wirklich die Aufständischen nicht länger dulden.