Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)

Hauptmann Duncker: Die Invasion Schlesiens durch die königlich preussischen Truppen im Monate December 1740

Die Invasion Schlesiens durch die k. preuss. Truppen im Monate December 1740. 67 „Überhaupt wurde vermeinet, denen im Streit noch unerfahrenen Preussen mit diesen wenigen Trouppen genugsam gewachsen zu sein.“ „Einige Ministri Hessen auch Ihre Haupt-Absicht niemahls fahren, die Umstände schlageten in Schlesien glücklich- oder unglücklich aus, sich jederzeit und bey erster bester Gelegenheit mit Preussen zu setzen und zu vergleichen: Die Hoffnung, Preussen zu bezwingen, ware daher umb so reeller, als man gegründete Hoffnung hatte, hier­innen die Assistenz von Sachsen und Hannover zu erlangen: Hier­nächst jene von Russland noch nicht gäntzlich verschwunden wäre.“ „Vermuthlich dürfte auch Erste erfolget seyn, wann gleich an­fänglich der Krieg in Schlesien mit mehrerer Macht und Vorsichtig­keit wäre unternommen worden: Alleine die ohangezeigte Umstände haben diesfällige Lauigkeit an Seiten des Ministerii veranlasset').“ So die eigenen Worte der Königin über die Verhältnisse ihrer Staaten, ihrer Armee in einer Zeit, als sie den Waffengang mit einem energischen und thatkräftigen Gegner zu unternehmen bemüssigt war. Dass sie ihn dennoch wagte, dass sie, als sie die Kenntniss der Sachlage gewonnen, vor keinem Opfer zurückschreckte, gereicht ihr zu unsterb­lichem Ruhme, windet um ihre Stirne die Aureole des Heldenthums. Trübe Bilder wurden hier entrollt; tief traurig waren die Verhältnisse des Staates, das Land entkräftet, die Regimenter schwach, schlecht bezahlt und ausgerüstet, von Krankheiten decimirt, — aber aus dem tiefen Schatten hebt sich leuchtend ein hehres Bild ab — die junge Fürstin auf der Habsburger altem Throne —, die unentwegt, umtobt von dräuenden Gefahren, ihr gutes Recht zu vertheidigen sich anschickt und nicht einen Fussbreit der ererbten Länder aufzugeben gewillt ista). Die kühne Erbtochter Kaiser Carl’s inaugurirt durch ihren mann­haften Entschluss die Reihe jener denkwürdigen Kriegsjahre, in denen sich die österreichische Armee regenerirt, in denen ihr wieder grosse und tüchtige Feldherren erstehen und manches Lorbeerblatt der öster­reichischen Heeresgeschichte sich anfügt. Marien Theresien’s Name aber bleibt unzertrennlich von den Ruhmes- und Siegestagen der kaiserlichen Heere, und wenn die Monarchin den Verlust Schlesiens nie ganz verschmerzen konnte, manch’ trüber Tag noch überwunden werden musste, mit stolzer Genugthuung durfte die königliche Frau auf die unter ihren Auspicien neu organisirte, in der Schule der Feld­lager und Schlachten verjüngte Armee blicken, welche in ihrer grossen Kaiserin auch die liebevollste Wohlthäterin verehrte. Hauptmann D u n c k e r. * 2 *) Zwei Denkschriften, Seite 292 und ff. 2) „La Reine n’est par intentionnée de commencer son regne par le démem- brement de ses états. Elle se eroif obligee en honneur et en conscience á maintenir la sanction pragmatique contre toute infraction directe ou indirecte.“ Reponse aux offres du Roy de Prusse donnée k ses deux ministres á Yienne le 5. Jan. 1741. K. k. Haus-, Hof- und Staats-Archiv. Handschriften. 1091. 5

Next

/
Oldalképek
Tartalom