Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1885)
Hauptmann Duncker: Die Invasion Schlesiens durch die königlich preussischen Truppen im Monate December 1740
10 Die Invasion Schlesiens durch die k. preuss. Truppen im Monate December 1740. Strassen in Betracht gezogen werden, der besonders in Ungarn ein entsetzlicher gewesen sein dürfte'). Die Regimenter waren übrigens sämmtlich unter dem vor- geschriebenen Stande und hatten sich erst durch Werbung zu comple- tiren, erhielten daher in einem kritischen Augenblicke unverlässliches und nicht geschultes Material. Behufs richtiger Beurtheilung der militärischen Verhältnisse ist es ferner unumgänglich, den ungemein schwerfälligen politischen und militärischen Apparat in Betracht zu ziehen, der jede rasche Action hemmen musste. Eine militärische Organisation, die ein Ineinandergreifen der verschiedenen Glieder des Heereskörpers gewährleistet, lag überhaupt nicht im Geiste der damaligen Zeit. Der Hofkriegsrath dependirte in Geldangelegenheiten ganz von der Hofkammer. Die Truppenbewegung, Unterbringung hing von den Landesregierungen ab, die darüber endlose Correspondenzen mit den in Wien befindlichen Hofkanzleien führten. Die geringfügigsten Massregeln wurden Gegenstand solcher Cor respondenzen; so sollten z. B. einige Compagnien vom Regimente Wallis von Neisse nach Glogau verlegt werden; diese Dislocation bildet einen Antrag des Oberamts in Breslau an die böhmische Hofkanzlei , der die schlesische Landesregierung untergeordnet war. Die Angelegenheit, welche, beiläufig bemerkt, selbst der Entscheidung der Königin unterlegt wurde, ward in der Sitzung der böhmischen Hofkanzlei vom 4. November verhandelt und von dieser dann an das Oberamt resolvirt.1 2) Eine Ordre de bataille in unserem heutigen Sinne gab es nicht, die commandirenden Generale wurden zwar von Truppenbewegungen, welche der Hofkriegsrath anordnete, verständigt, letzterer verkehrte aber direct mit jedem Regimente. Hatte nun ein solches Marschbefehl, so war damit noch nicht gesagt, dass es sich wirklich in Marsch setzte; denn erstens war die bedeutendste Frage, ob es Geld hatte, um überhaupt marschiren zu können, dann ob der Militär-Stations-Commandant in der Lage war, das Regiment auch abmarschiren zu lassen, ehe er Ersatz dafür hatte. In manchen Fällen ward der Abmarsch von dem Local-Commando verzögert. Ein weiteres Hinderniss bildeten die sanitären Verhältnisse. Man schützte sich nach den Türkenkriegen mit allen Mitteln gegen die furchtbare Pestseuche und sehr oft übertrieb man im egoistischen Interesse die Vorsicht hierin zum Schaden des Ganzen. Von der Drau bis an die Donau hatte ein Pestcordon existirt, Inner-Österreich, 1) Die schlechten Wege lind die Inundationen in Ungarn erschweren die Märsche der Truppen. Hofkriegsraths-Expedits-Protokoll. 2) Archiv des k. k. Ministeriums des Innern. Protocollum publicorum de anno 1740. Fol. 1281.