Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1884)

Major Edlen von Angeli: 1812. Die Theilnahme des k. k. österreichischen Auxiliar-Corps unter Commando des G. d. C. (später Feldmarschalls) Fürsten Carl zu Schwareznberg im Feldzuge Napoleon I. gegen Russland

28 1812. Kriegsgeschichte. Studie über dieTheilnahmedes k. k. österr. Auxiliar-Corps konnte nicht realisirt werden, da noch am selben Tage drei russische Corps gegen den linken Flügel zum Angriffe vorgingen, während Kosaken und einige Infanterie-Abtheilungen den rechten bei Brest- Litowski beschäftigten. Anfangs im Vortheile, musste der Gegner zuletzt mit grossem Verluste das Feld räumen und gegen Oczki zurückgehen, wo sich das Gros sammelte. Die österreichischen Truppen verloren in diesem Treffen 2 Generale als verwundet, dann 384 Mann und 48 Pferde. Der momentane Erfolg am 8. October konnte jedoch an der misslichen Lage des austro-sächsischen Corps nichts zum Besseren ändern. Admiral Tschitschagof, durch die Thatsachen belehrt, dass er seiner gesammten Kraft bedürfe, um das Hinderniss aus dem Wege zu räumen, welches sich zwischen ihn und seine Pläne auf Wilna gestellt hatte, rief das bereits über Kobrin gegen Pruzany vorgerückte Corps des General Woinof zurück und holte zu einem vernichtenden Schlage aus. Fürst Schwarzenberg war aber nicht gesonnen, denselben zu erwarten. Bei der Übermacht des Gegners war es nicht angezeigt, in einer Stellung zu verbleiben, wo sämmtliche Communicationen gefährdet werden konnten und man bei einem unglücklichen Ausgange der Schlacht fürchten musste, in dem Defilé der Lysna aufgerieben zu werden. Das österreichisch-sächsische Corps überschritt daher in der Nacht vom 10. bis 11. October, unbemerkt vom Gegner, die Lysna und nahm Stellung am linken Ufer. Mit Tagesanbruch erschienen die Spitzen der russischen Angriffscolonnen, die aber die Stellung leer fanden und sich nun gegen die Lysna wandten. Ihre Versuche gegen die Brücken bei Tjuchiniczi und Klejniki (Kleiwiki) wurden jedoch abgewiesen, und sie beschränkten sich schliesslich auf eine längere Kanonade, die kräftigst erwidert wurde. Fürst Schwarzenberg hatte mit dem Übergange über die Lysna nicht die Absicht verbunden, sich in der allzu ausgedehnten Stellung am linken Ufer zu halten; er wollte vielmehr dort nur so lange verbleiben, bis die abgeschickten Artillerie- und Bagage-Trains einen solchen Vorsprung gewonnen hätten, um die weiteren Bewegungen des Corps nicht zu hindern. Diese letzteren, in der Richtung auf Grodno oder Wilna auszuführen, erschien aus dem Grunde unthunlich, weil man bei der numerischen Schwäche des Corps nicht hoffen durfte, die feindliche Übermacht aufzuhalten; man hatte vielmehr zu befürchten, durch eine solche Bewegung die ganze Masse des Gegners in diese Richtung zu ziehen und dadurch zugleich die Operations-Basis der „grossen Armee“ noch mehr einzuschränken. Mehr Vortheil konnte man von einer Fortsetzung des Rückmarsches zur Deckung von Warschau, Módiin und der Hauptmagazine an der untern Narew erwarten, da dies nicht allein der ursprünglichen Bestimmung beider Corps entsprach, sondern auch geeignet war, den Gegner um seine linke Flanke besorgt zu machen und ihn wenigstens eine Zeit lang festzuhalten.

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