Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens

205 dem Lager nach Ungarn abgeführt, der Rest dieser Unglücklichen, 10.000 Menschen, in der alten Favorita auf der Wieden dem Tode überantwortet *). Die Ruhr forderte täglich bereits vierzig Opfer und griff immer mehr um sich, trotz aller Anstrengungen des Deputirten-Collegiums, des Stadtrathes und des edlen Bischofs Kollonits, welch’ Letzterer eine aufopfernde Thätigkeit entfaltete. Kara Mustapha, den die ausgebrochene Seuche mit neuen Hoff­nungen zur baldigsten Bezwingung Wiens erfüllte, wurde über die Kunde von dem rastlosen Eifer dieses hochherzigen Kirchenfürsten so ergrimmt, dass er beim Barte des Propheten schwur, den Bischof, falls er ihm in die Hände fiele, den Kopf abschlagen zu lassen und den­selben auf einer hohen Lanze dem Sultan zu schicken *). Am 22. August war die Kanonade sehr lebhaft. Eine zwischen 10 und 11 Uhr Vormittags unter dem Burg-Ravelin entzündete Gegen­mine warf die Türken aus ihrem Logement, sie kehrten jedoch bald wieder zurück, verschanzten sich mittelst Wollsäcken, trotz des starken Feuers der Kaiserlichen aus den Courtine, und steckten sogar die die Bresche sperrenden Palissaden in Brand, der jedoch glücklich gelöscht wurde. Die kaiserliche Artillerie vernichtete bis Abend die feindliche Arbeit des ganzen Tages. Nachmittags flogen Minen von beiden Seiten auf; der Kampf um das Burg-Ravelin dauerte fast ununterbrochen fort. Drei nächtliche Ausfälle der Besatzung, einer unter Führung des tapferen Hauptmanns Guido Graf Starhemberg, verjagten die Janitscharen aus den Gräben und zerstörten die gemachten Aufwürfe; die Osmanen erlitten einen beträchtlichen Verlust, doch hatten auch die Kaiserlichen 46 Todte und Verwundete zu beklagen, unter Letzteren den Hauptmann Wesel vom Regimente Heister. Ein kühner Fourier des Beck’schen Regimentes war bei einem dieser Ausfälle mitten in eine Minenkammer gesprungen, woselbst fünf schlecht bewaffnete Mineure die letzten Vorbereitungen zur Zündung einer eben fertig gewordenen Mine trafen. Der Fourier tödtete zwei Mann und veijagte die anderen drei und rettete so die Ausgefallenen voi­der verderblichen Wirkung dieser Mine. *) *) Onno Klopp, S. 236. 2) Dieser barbarische Wunsch ging glücklicherweise nicht in Erfüllung, doch fügte ein eigenthümlicher Zufall, dass Bischof Kollonits im Jahre 1688, nach der Einnahme von Belgrad, woselbst Kara Mustapha am 25. December 1683 strangulirt und begraben worden, den Schädel seines grimmen Feindes zugeschickt erhielt. Näheres hierüber folgt. «L

Next

/
Oldalképek
Tartalom