Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Der Entsatz von Wien
258 die energische Fortsetzung des Kampfes, indem er unter Anderem sagte: „Der Feind ist épouventiret; ich halte für gut, dass man ihn verfolge und die Victorie weiter prosequire; auch hin ich ein alter contractor Mann und wünsche noch heute Abend ein gutes Quartier in Wien zu haben.“ Diese Worte fanden jubelnde Aufnahme. „Mar- chons done!“ rief der edle Herzog von Lothringen, und die ganze Bataille „begunnte“ zu avanciren *). Der rechte Flügel der Türken schien nur die Höhen am Krotten- i (Croaten-) Bach’), die „wie eine Schanzlinie ihre Front deckten“8), hartnäckig vertheidigen zu wollen, sie hielten aber doch nicht lange Stand. Als die kaiserliche Infanterie hei Döbling sich bis auf Musketen- Schussweite jenem Bache genähert hatte, verhessen die Türken ihre Aufstellungen hinter demselben, so dass die Kaiserlichen ohne Schwierigkeiten über das Hinderniss fortkommen und jenseits in das türkische Lasrer eindrinsren konnten. Es war etwa 5 Uhr Abends. Der Angriff der Sachsen traf auf die Türkenschanze, eine grosse, mit sechs Geschützen armirte Schanze. Es gelang den Sachsen, in raschem Anlaufe das Werk zu nehmen und die Geschütze, deren Feuer zu hoch gerichtet war, und daher ohne Wirkung blieb, zu erobern. Da gab der Herzog, um den errungenen Vortheil auszunützen, dem linken Flügel den Befehl, eine allgemeine Rechtsschwenkung auszuführen, das heisst, sich gegen die rechte Flanke der Türken zu wenden. Der Angriff führte nun quer durch das türkische Lager gegen Währing. Kein Soldat verhess trotzdem, um zu plündern, Reih und Glied; Train-Fuhrwerke blieben ebenso unangetastet wie die Zelte. Die Rechtsschwenkung des linken Flügels, der Flankenangriff, der das türkische Heer vom rechten Flügel her aufzurollen drohte, brachte nicht nur diesen Flügel zum Weichen, sondern entschied auch den Rückzug des linken Flügels, der bis dahin den Polen noch immer hartnäckig Stand gehalten hatte. Die Beschaffenheit des Terrains hatte den Angriff der Polen sehr beschwerlich gemacht; die Türken hielten daher auf ihrem linken Flügel noch Stand, als ihr rechter schon zu weichen begann. Ibrahim Pascha gab erst dann den Befehl zum Rückzuge, als er jenen des rechten Flügels bemerkte und fürchten musste, bei längerem Ausharren *) Manuscript über die Theilnahme der sächsischen Truppen an der Entsatzschlacht. Königlich sächsisches Staats-Archiv. 2) Der zwischen Ober- und Unter-Döbling in die Donau einmündende Bach. 3) Réponse d’un officier etc.