Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 49 Über den Zweck der Vereinigung einer so bedeutenden Truppen­macht, wie die der beiden Corps Platen und Möllendorf in der Gegend von Melnik, gibt die Correspondenz des Prinzen Heinrich mit dem Könige in der Zeit vom 17. bis 23. August keine Aufschlüsse. Der Prinz-Oberbefehlshaber berichtete nur, dass er über seine Aufmarsch­linie Neuschloss-Niemes-Merzdorf weiter vorwärts sich nicht bewegen könne, ohne seine Flanke bei Friedland preiszugeben und die Lausitz einer Invasion auszusetzen. Sollte der König nicht im Stande sein, über Hohenelbe mit seiner Armee die Verbindung herzustellen, dann bliebe ihm nichts übrig, als über Gabel nach der Lausitz zurückzukehren. Die Besichtigung der Positionen am linken Flügel seines Heeres, namentlich des von 8000 bis 10.000 Österreichern occupirten Geländes von Turnau, habe ihn, den Prinzen, von der Schwierigkeit des Angriifes die Überzeugung gewinnen lassen. Das ganze Terrain sei im höchsten Grade durchschnitten und unwegsam. Er könnte sich spätestens bis zum 5. September in seiner gegenwärtigen Stellung Neuschloss-Niemes- Merzdorf halten; eine Bewegung über Leitmeritz sei mit grossen Beschwerlichkeiten verbunden, weil sich der Feind in das von ihm angelegte verschanzte Lager zwischen Aussig und Leitmeritz werfen würde. Niemand könnte ihn aber verhindern, von dort aus gegen die Lausitz, in den Rücken der verbündeten preussisch-sächsiscken Armee zu detachiren, deren Streitkräfte mit jedem Tage abnähmen. Während Prinz Heinrich also mit dem Vormarsche seines rechten Flügels gegen Melnik nichts Anderes bezweckte, als Demonstrationen zu machen und dabei die Gegend auszufouragiren, um den bereits, wie aus obigem Schreiben hervorgeht, zu dieser Zeit in’s Auge gefassten Entschluss, mit seiner Armee aus Böhmen nach Sachsen abzuziehen, leichter in Ausführung zu bringen, hielt Feldmarschall v. Loudon diese Operation für entscheidend und gab sich demzufolge grossen Besorg­nissen hin. In der Zusammenziehung der Corps Platen und Möllen­dorf an der Elbe bei Melnik erblickte der Oberbefehlshaber der k. k. Iser-Armee die Absicht, seine linke Flanke zu umgehen, indess die Hauptmacht des Prinzen Heinrich zum Frontalangriff schreite. Bei der bedeutenden Ausdehnung der Herstellung und der Schwächung des Heeres durch Detachirungen hielt der Feldmarschall das Gelingen des feindlichen Vorstosses nicht für unwahrscheinlich und traf daher zur Begegnung desselben nachstehende Anordnungen: Am 22. August wurden FML. Graf Nugent mit 8 Bataillonen von Wschen nach Turnau zum Ersätze des nach Hohenelbe berufenen FML. Grafen Colloredo, am 28. FML. Graf Kinsky mit 3 Bataillonen und 10 Escadronen nach Brandeis, Generalmajor Devins aber mit 4'/2 Bataillonen, 23 Escadronen von Stracnow und Katusitz nach Zdiar westlich Weisswasser in Marsch gesetzt. Letzterer Abtheilung folgte am nächsten Tage, 29. August, der G. d. C. Fürst Liechtenstein Mittheilungen des k. k. Kriegs-Archivs. 18S3. 4

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