Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
46 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. habe er sich von der Elbe entfernt und dem Gegner das Debouchiren aus dem Gebirge erleichtert. Loudon sähe das Übel ein, welches er angestiftet habe und suche den Tod; leider sei das Übel unheilbar. Sollte der in Braunau verhandelte Friede nicht zu Stande kommen, so würde die Armee bald hinter der Elbe stehen und der König von Preussen ganz Böhmen besetzen. Der Kaiser könnte nicht für einen Tag bürgen, denn ohne sich schlagen zu dürfen, sei der Rückzug unvermeidlich geworden, und doch wünsche Alles, der Kaiser am meisten, mit lebhafter Ungeduld eine Schlacht herbei'). Maria Theresia war mit den von Josef II. im Hauptquartier Loudon’s getroffenen Dispositionen sehr zufrieden. Wenn die verfahrenen operativen Angelegenheiten an der Iser, schreibt sie unter dem 14. August an ihren Sohn, sich wiederherstellen Hessen, so könnte dies allein durch ihn geschehen. Immer habe sie die Behauptung ausgesprochen, dass die Verlegenheit und Unschlüssigkeit des Feldmarschalls ihn nicht befähigen, eine Armee vor dem Feinde selbstständig zu commandiren, und doch sei Loudon nach Lacy der beste General Österreichs. Diese Erwägungen waren es, welche sie bestimmt haben, den Krieg zu vermeiden und dem Frieden das Wort zu reden. Sie sähe den Kaiser so schwach unterstützt, dass sie das Schlimmste befürchten müsse. Lacy und Hadik seien bejahrt und von so gebrechlicher Gesundheit, dass man auf sie nicht mehr zählen könne. Auch auf die übrige Generalität habe sie kein rechtes Vertrauen. Gleichzeitig schlug die Kaiserin vor, dem Feldmarschall v. Loudon das Commando über die Iser-Armee abzunehmen und ihn durch den Herzog Albrecht von Saclisen-Teschen zu ersetzen, wozu sich der Kaiser jedoch nicht verstehen wollte. Nach der Abreise des Kaisers von Münchengrätz rückte, den getroffenen Verabredungen mit Feldmarschall v. Loudon gemäss, am 15. August der Generalmajor Browne von Semil in der Richtung von Reichenberg bis Bredel (Eisenbrod), FML. Graf Nugent aber am 16. von Münchengrätz nach Wschen, um die Iser von Podol bis Turnau zu vertheidigen und eventuell die von den Truppen Colloredo’s und Browne’s verlassenen Stellungen zu beziehen. Inzwischen drängte Friedrich II., dem die Absicht des österreichischen Hauptquartiers, die Armee hinter die Elbe zurückzunehmen, zum Theil bekannt war, den Prinzen Heinrich zum Angriffe auf die Iser-Linie. Letzterer lehnte aber, wie aus dessen Schreiben ddo. Niemes, 15. August hervorgeht, diese Aufforderung ab. Er wünsche, berichtet der Prinz, von ganzem Herzen, dass die Nachrichten seines königlichen Bruders von dem Abzüge der Österreicher gegen Caslau hinter die Elbe sich bestätigen mögen, was er jedoch sehr bezweifeln müsse. *) *) Arneth: „Maria Theresia und Josef II. Ihre Correspondenz.“