Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Das Kriegsjahr 1683 (Mit eigener Paginirung) - Die Belagerung Wiens
198 „P. S. Vom 19. August 1683. Seit gestern, Hoheit, haben die Türken wieder eine Mine springen lassen und mit circa 1000 Mann Sturm gelaufen; unsere Geschütze und das Feuer unserer Musketen haben sie jedoch übel zugerichtet, es gab ihrerseits ungefähr 300 Todte, und schliesslich mussten sie sich begnügen, sich an der Berme eingenistet zu haben. Ich habe heute eine Gegenmine springen lassen, welche die Türken grossentheils begrub. Ich erwarte in diesem Augenblicke eine ähnliche Bescheerung von ihnen; wenn ich jedoch früher fertig bin, als sie, werde ich auf die Gesundheit Eurer Durchlaucht noch eine Mine zünden *). “ Diesem in ziemlich zuversichtlichen Tone gehaltenen Schreiben folgten aber einige chiffrirte Zeilen, in welchen der Herzog beschworen wurde, die Hilfe ja zu beschleunigen, weil man in der Löbel-Bastion nur einen elenden Abschnitt hätte machen können, Officiere und Munition mangelten und täglich viele Leute stürben2). FZM. Starhemberg war Nachmittags 5 Uhr zum ersten Male seit seiner Krankheit wieder ausgegangen und hatte unter begeisterten Zurufen alle gefährlichen Posten visitirt. An diesem Tage fiel Hauptmann Freiherr von Hoheneck vom Regimente Pfalz-Neuburg. Am 20. August wurde von beiden Seiten den ganzen Tag hindurch heftig geschossen; die Türken befestigten sich immer mehr in ihren Posten, vorzüglich an dem Ravelin, und errichteten eine Batterie zu drei Geschützen gegenüber der rechten Face der Löbel-Bastion, welche ihr Feuer gegen die Biber- und Mölker-Bastion und die Courtine rechts der Löbel-Bastion richtete. Oberstlieutenant Schenk3) des Regiments Kaiserstein und Hauptmann Haller wurden hier tödtlich verwundet. Eine Früh um 8 Uhr beim Burg-Ravelin gezündete Mine wirkte verheerender für den Feind, als für die Besatzung. General - Feldwachtmeister Graf Daun erkrankte neuerdings an der Ruhr. Die Türken in Nieder-Osterreich. Bevor in der Schilderung der Belagerung und Vertheidigung von Wien weiter fortgefahren wird, ist es an der Zeit, auch jene Ereig*) J. Rocoles, I. Band, 8. 269 u. ff. Die erste Hälfte des Berichtes ist auch im k. k. Kriegs-Archive in Abschrift (französisch) vorhanden. 2) Képonse d’un officier etc. 3) Starb am 9. September.