Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

IV. Der bayerische Erbfolgekrieg 1778—1779. 37 welcher durch eine Linie bestimmt werde, die von Kufstein in Tirol ausgehe und ungefähr durch die Mitte des Landes über Wasserburg, Landshut, Waldmünchen bis an die Grenze von Böhmen reiche. Die Einkünfte dieses Gebietstheiles sollten nach dem bisherigen Ertrage von Commissären Österreichs, Bayerns und Zweibrückens ausgemittelt, und der Eine Million übersteigende Überschuss an Revenuen durch Überlassung anderer Besitzungen ersetzt werden, deren Einkommen in gleicher Weise zu berechnen wäre. Diesen Vorschlag Thugut’s erklärten die preussischen Minister am 15. August für durchaus unannehmbar und motivirten dies unter Anderem dadurch, dass die von österreichischer Seite gebotenen unbe­deutenden, miteinander in keinem Zusammenhänge stehenden und abseits gelegenen Gebietstheile kein Äquivalent für die Abtretung des verlangten, in sich abgeschlossenen, zusammenhängenden Land­striches Bayerns, der sich durch seine Fruchtbarkeit auszeichne, an der Donau, dem Inn und der Salza liege und Tirol mit Böhmen ver­binde, bilden könnten. Dieser Landstrich enthalte überdies Salzwerke, welche Bayern nicht zu entbehren vermöchte, und es würde schliess­lich dessen erübrigender Theil überhaupt durch eine derlei Losreis- sung in eine vollständige Abhängigkeit von dem übermächtigen Nach­bar gerathen. Aus diesen und anderen Gründen könnte der König von Preussen auf Propositionen, mittelst welchen der Hauptzweck, welchen er durch die Unterhandlungen sich vorgesetzt, durchaus nicht erreicht würde, sich gar nicht weiter einlassen. Da nun alle seine Bemühungen, die entstandene Irrung auf eine gerechte und doch immer dem Wiener Hofe sehr vortheilhafte Art beizulegen, fruchtlos verlaufen, so müsste er abwarten, bis veränderte Anschauungen und Grundsätze künftig einen glücklicheren Erfolg der Negociationen her­beiführen. So wurde die Friedensunterhandlung in Braunau am dritten Tage nach ihrer Eröffnung bereits wieder abgebrochen. Die Conferenz- Mitglieder trennten sich und Freiherr v. Thugut kehrte nach Wien zurück. Unternehmungen des verbündeten preussisch- sächsi­schen Heeres gegen die obere Elbe und untere lser nach den Friedensverhandlungen in Braunau. Während der Conferenzen in Braunau setzte der König Friedrich II. aus dem Lager von Wolsdorf die alte Taktik fort, die Österreicher durch Fouragirungen und Scheinangriffe zur Verschiebung ihrer Streit­kräfte, Räumung der Elbestellung und zum Heraustreten aus der Defensive zu bestimmen. Dabei rechnete er auf die entscheidenden Wirkungen, welche der Einbruch der II. Armee unter dem Prinzen Heinrich in Böhmen hervorbringen würde. Unter dem Eindrücke der­selben hoffte er ruckweise jene Punkte gewinnen zu können, die der

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