Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

32 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. die Hilfsquellen der Monarchie an Menschen und Geld verringert und die Mittel des Königs zur Fortsetzung des Krieges unendlich vermehrt werden. Das Land sei reich und die Invasions-Armee könnte auf dessen Kosten leben und sich recrutiren. In Ungarn stünden die Sachen nicht am besten. Man könnte in diesem Königreiche, wo die Noth gross und die Bevölkerung gering sei, um so weniger recrutiren, als die Grundherrschaften keine Befugniss haben, die Leute auszuheben, wie dies in anderen Provinzen der Fall sei. Die fürchterliche politische Lage, welche der Kaiser selbst als Soldat einem grausamen Feinde gegenüber für unhaltbar erkläre, dränge zur Entscheidung. Es wäre Selbsttäuschung, wollte man in dem Verluste der grössten und ressourcenreichsten Provinzen einen Gewinn suchen. In den nächsten Tagen, vom 25. bis Ende Juli, berichtete der Kaiser über die muthmassliche Absicht seines königlichen Gegners, über Arnau eine Umgehung zu versuchen, um mit der Armee des Prinzen Heinrich in Verbindung zu treten. Wie es den Anschein gewinne, dirigire sich schon das Corps des Generalmajors Graf Anhalt über Trautenau gegen Hohenelbe; der König solle eine Menge Mörser von Neisse nach Wolsdorf behufs Beschiessung der österreichischen Stellung hinter der Elbe bringen lassen. Am 30. Juli sei die Nachricht eingegangen, dass die Preussen in der Lausitz sich sammeln und in kleineren Abtheilungen bei Rumburg und Hainspach stünden. Tags darauf habe Loudon über die Massenbewegung ihres Heeres gegen Zwittau und dessen Vor­rückung in derselben Richtung gemeldet. Die Kaiserin schlage die Stärke der Armee in Böhmen zu hoch an; sie zähle nicht 170.000 Mann, sondern etwas mehr als die Hälfte an Streitbaren. Im Ganzen genommen haben die Preussen ein Über­gewicht an Streitkräften, hiedurch solle aber nicht gesagt sein, dass sie die Österreicher vernichten können. Wenn die Kaiserin der Entmuthigung und Erniedrigung die Energie und Kraft vorzöge, gäbe es noch genug Mittel, sich selbst mit Vortheil zu vertheidigen. Die unheilvollen Unterhandlungen verbieten ihm, irgend einen selb­ständigen Gedanken zu fassen oder ernste Entwürfe zu machen, um nicht Soldaten opfern zu müssen für Zwecke, welche Niemandem Nutzen eintragen. Zahlreiche Deserteure erklären öffentlich, dass man im feindlichen Lager nur noch vom Frieden und Waffenstillstand rede, den der Kaiser von dem Könige begehrt habe, und dass ein österreichischer Gesandter in Wolsdorf angekommen sei, um mit demselben zu unter­handeln. Die feindlichen Huszárén versichern sogar, dass ihnen befohlen wurde auf die Österreicher nicht mehr zu schiessen, ausser diese thun es zuerst. Der Kaiser unterlasse es, den Eindruck zu schildern, welchen

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