Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)

Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution

26 Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr etc. stehen, nicht gesehen werde, so könnte noch Alles zum Besten sich wenden. Endlich wäre durch Bündnisse mit deutschen Fürsten fremde Beihilfe zu erlangen oder wenigstens Truppen in Sold zu nehmen.“ Maria Theresia antwortete am 11. Juli, dass die Berichte des Kaisers sie in hohem Grade beschäftigten, wenn sie hievon auch nicht überrascht wurde. Seit sechs Monaten sah sie die Ereignisse voraus und dies wäre der Grund ihrer Niedergeschlagenheit gewesen. Nur keine Niederlage; eine verlorene Schlacht sei ein grosses Übel, ent­scheide aber die Sache nicht. Eine so grosse Armee mit zahlreicher Artillerie und ungeheuerem Tross könne durch eigene Friction mehr zer­stört werden, als durch den Feind selbst. Der Kaiser möge sich erhalten und die ihm angeborene Kaltblütigkeit bewahren, welche in dem gegen­wärtigen kritischen Augenblicke viel nothwendiger sei, als jemals zuvor. Er solle doch an Prinz Carl, an Daun, an Browne und an Traun denken. Gegen einen Gegner, wie Friedrich II., gewinne man nichts, wenn man ihm auch Schlachten liefere; die Zeit allein könne ihn vernichten. Die Anträge des Kaisers seien nicht ganz ausführbar und würden die bereits eingeleiteten günstigen Dispositionen hinsichtlich des Geldes durchkreuzen. Die ungarische Insurrection lasse sich ausser­halb des Landes nicht aufstellen und brauche Zeit zu ihrem Aufgebot. Wo solle man fremde Truppen hernehmen? Man müsste Unterhand­lungen anknüpfen; die Katholiken haben beinahe keine und die Pro­testanten seien insgesammt gegen die Regierung. — Und wäre es denkbar, dass die Insurrection, die 40.000 Recruten und die fremden Truppen die Monarchie retten könnten, wenn 100.000 disciplinirte, seit 17 Jahren im Waffenhandwerk geübte Soldaten es nicht ver­mochten? Betrachtungen dieser Art machen die Kaiserin, welche den grausamen Feind kenne, muthlos und kleinmüthig; es handle sich darum, den Kaiser und die Trümmer seines Patrimoniums zu retten. Sie werde daher alle möglichen Mittel anwenden, um aus der drückenden Lage herauszukommen; denn der Degen allein genüge nicht. Sollte der Kaiser am Schlachtfelde den Frieden, unter welcher Bedingung immer schliessen können, so unterlasse er es ja nicht, dies würde keine Schwäche sein und wenn es eine sein sollte, dann möge er sie auf ihr graues Haupt werfen, das nur dazu tauge. Sie wolle ihren Sohn in diesen Bemühungen unterstützen und in der nämlichen Rich­tung arbeiten, um ihn so schnell als möglich aus der grausamen und gefährlichen Lage zu reissen. Das Zögern brächte nur Nachtheil. -— Inzwischen langten von der Armee fortwährend beunruhigende Nachrichten ein. In dem Berichte vom 11. Juli1) spricht der Kaiser nicht nur von der Preisgebung Böhmens, sondern räth auch indirect zum Frieden, indem er schreibt: „Liesse der Friede sich unter einiger­') Vergleiche Seite 14.

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