Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1883)
Kaiser Josef II. als Staatsmann und Feldherr - J. Nosinich, Oberst im k. k. Kriegs-Archive: Österreichs Politik und Kriege in den Jahren 1763 bis 1790; zugleich Vorgeschichte zu den Kriegen Österreiches gegen die französische Revolution
ein. Während dieser Reise hatte er Ostende zu einem Freihafen erhoben und im October 1781 ertheilte er in Folge eigener Anschauung den Befehl, die Werke sämmtlicher, von den Holländern besetzten und desgleichen auch der übrigen niederländischen Festungen, mit Ausnahme von Luxemburg und Ostende, dann der Citadelle von Antwerpen, zu schleifen. Die Holländer, welche durch den Barriére- Tractat vom Jahre 1715 das Recht besassen, in einige niederländische Festungen Besatzungen zu legen, verzichteten auf dieses Recht und zogen, der Aufforderung des Kaisers gemäss, ihre Truppen von der ehemaligen Barriere zurück. Vom 22. März bis Ende April 1782 verweilte der Papst Pius VII. in Wien, um mit dem Kaiser Verabredungen bezüglich der kirchlichen Angelegenheiten zu treffen und den zu raschen Reformen auf dem Gebiete des Kirchenwesens Einhalt zu thun. Ende 1783 erwiderte der Kaiser den Besuch des Heiligen Vaters in Rom, von wo aus er sich nach Neapel begab. Inzwischen hatten die im Oriente sich vorbereitenden Dinge die Aufmerksamkeit Europa’s auf sich gelenkt. Nach seiner Rückkehr aus Russland war Kaiser Josef in ununterbrochenem Briefwechsel mit der Kaiserin Katharina geblieben, um den Faden des glücklich angebahnten Bündnisses fortzuspinnen und die gegenseitigen Allianz-Verhältnisse durch Abschluss eines förmlichen Vertrages auf fester und dauernder Unterlage zu begründen. In einem Briefe vom 1. Januar 1781 schreibt er an die Kaiserin, er habe aus dem Berichte des Grafen Cobenzl ersehen, dass sie eine gegenseitige Garantie der Staaten entweder im Ganzen oderhlos zum Theile vertragsmässig mit ihm abschliessen wolle. Es sei daher dem Fürsten Kaunitz der Befehl ertheilt worden, dem Grafen Cobenzl die nothwendigen Instructionen und Vollmachten zu übersenden, damit er mit den Ministern Ihrer Majestät alles das ordnen und zum Abschlüsse bringen könne, was sie für gut und gegenseitig zuträglich erachte. Auf Grund dieser Weisungen wurde schliesslich ein Entwurf angenommen, kraft welchen die zwischen Österreich und Russland bestandenen alten Tractate erneuert, von Seite des Wiener Hofes aber der Friede von Kainardschi und die denselben ergänzenden Stipulationen von 1775 und 1779 gewährleistet wurden. Sollte die Pforte sie verletzen, so erklärte Österreich, seine guten Dienste behufs Ausführung derselben anzuwenden, und sollte dies zu keinem Resultate führen, so machte es sich verbindlich, die Pforte seihst mit bewaffneter Hand zur Einhaltung ihrer tractatmässigen Verpflichtungen zu zwingen. Die im Verlaufe der Unterhandlungen von der Kaiserin gestellte Forderung, in dem abzuschliessenden Vertrage mit dem Kaiser völlig gleichgestellt zu werden, drohte einen Augenblick lang zu einem Zerwürfnisse zu führen (März 1781), indem der Kaiser aus verschiedenen