Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1882)
Friedrich Jihn, Hauptmann im k. k. Generalstabs-Corps: Der Feldzug 1760 in Sachsen und Schlesien mit besonderer Berücksichtigung der Schlacht bei Torgau
2 Der Feldzug 1700 in Sachsen und Schlesien russischen Heerführer zumeist hemmend auf die österreichische Kriegführung ein, und mit Recht kann man sagen, dass die hieraus entstandenen Nachtheile den Werth der Unterstützung Russlands für Österreich nahezu gänzlich aufwogen. Die schwedische Armee, numerisch schwach und schlecht geführt, liess nur den tiefen Verfall des einst so hoch stehenden schwedischen Kriegswesens und der schwedischen Macht erkennen. Nicht besser kann das Urtheil über das bunt zusammengewürfelte Reichsheer lauten. Dasselbe spielt im ganzen Verlaufe des Krieges eine unbedeutende, oft geradezu klägliche Rolle. So hatte Preussen in der Hauptsache doch nur einen ebenbürtigen Gegner, nämlich Österreich, zu bekämpfen gehabt, und dieses allein trug in erster Linie die Lasten des Krieges. Indess hatten die Ereignisse des Jahres 1759 das Gleichgewicht, welches bis dahin zwischen den kriegführenden Theilen bestand, doch zu Gunsten der Sache Österreichs verschoben. Dies lag nicht so sehr in der Änderung des faktischen Landbesitzes, als in den Folgen der schweren Schläge, welche das preussische Heer im abgelaufenen Feldzuge getroffen hatten, und in der langen Dauer des Krieges überhaupt, welcher die Mittel Preussens zu erschöpfen drohte. Zwar befand sich ganz Ostpreussen seit 1758 in den Händen der Russen, und die Franzosen hatten das Herzogthum Cleve besetzt, dafür war aber fast das ganze Churfürstenthum Sachsen in der Gewalt Preussens, und nur ein kleiner Theil dieses Landes mit Dresden bildete die Errungenschaft des letzten Feldzuges für Österreich. Nicht in gleicher Weise fanden jedoch die Verluste ihre Compensation, welche die preussische Armee auf den Schlachtfeldern hei Züllichau, Kunersdorf und Maxen erlitten hatte. Das gegenseitige Vertrauen zwischen dem König und seinem Heere war durch die erlittenen Niederlagen erschüttert, der Kern des letzteren auf den Schlachtfeldern zusammengeschmolzen; die numerische Stärke, wie der moralische Werth des preussischen Heeres hatten sich bedeutend vermindert. Immer schwieriger gestaltete sich die Ergänzung desselben, und immer mehr schwand die Möglichkeit, den Gegnern mit ebenbürtigen Kräften zu begegnen. Um das verlorene Gleichgewicht wieder herzustellen, suchte Friedrich nacheinander an der Türkei, in Italien und an Dänemark Bundesgenossen zu erwerben, aber seine Bemühungen blieben ohne Erfolg. Unter solchen Umständen konnte der König von der Fortsetzung des Krieges nur seinen Ruin erwarten, und er bewarb sich daher durch Englands Vermittlung um Frieden. Dem Friedensbedürfnisse Preussens stand aber eben so bestimmt das Interesse seiner Gegner, insbesondere Österreichs, an der Fort-