Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1882)
Josef Rechberger Ritter von Rechkron, Oberstlieutenant im k. k. Kriegs-Archive: Wien's militärische Bedeutung (Eine historische Studie)
304 Wien’s militärische Bedeutung. gebaut, eben so unterbrachen enge Ausgangspforten diese der Waffentechnik des Mittelalters angepasste Umfassungsmauer. Wohl wurde schon 1525 von „Statthalter, Regenten, Kammer- räthen, auch Bürgermeister, Richter und Rath“ die bessere Befestigung Wien’s beantragt, und 1527 kamen für solche Zwecke „8986 Pfunde 5 Pfennige“ in Ausgabe. Auch hatte man damals die Bewohner aller, eine Meile um die Stadt gelegenen Ortschaften behufs der Stadtbefestigung zu dreitägiger Robotleistung verhalten, und selbst Insassen der entfernteren Gemeinden, wie Mödling, Baden etc. herangezogen; doch konnten in kurzer Frist (von 1527 bis 1529) fortificatorische Bauten nicht bewältigt werden, die mehr als ein Jahrzehnt und namhafte Summen erfordert hätten. Den Kanonen Soliman’s stand somit im Jahre 1529 nur eine einfache Mauer gegenüber, wenngleich die Hauptthore Wien’s bereits von Eckthürmen flankirt waren, welche theilweise eine Vertheidigung mit Geschütz zuliessen. In fortificatorischer Beziehung musste das Meiste erst während der Belagerung gethan werden. Einerseits handelte es sich dabei um Verstärkung und Ergänzung der ursprünglichen Befestigung, anderseits um die Herstellung der vom feindlichen Geschützfeuer und durch Minen arg beschädigten Thürme und Mauern. Auch wurden Vorwerke, namentlich gegen den heutigen III. Bezirk *) zu erbaut. 1530 vcranlasste die erneuerte Türkengefahr „den Bürgermeister und Rath der Stadt Wien“ abermals, um die Mittel „zur Ausbesserung der Festungswerke“ anzusuchen. Schon im darauffolgenden Jahre wurde als nöthig erachtet, dass zur Wehrhaftmachung der Stadt „vier bis fünf Pasteien“ erbaut werden sollten. Im Stadtgraben erachtete man „Cavaliere und Katzen“ 2) und „auswendig im Graben Streichwehren“ für nothwendig. Man begann sogleich den Bau der „Neuen“ (später „Löbel“-) Bastei, doch hatte es dabei vorläufig „sein Bewenden“; denn im Jahre 1546 wurden abermals Befestigungen „beim Stubenthor, beim Arsenal, bei der grossen Katz bis zum Fischerthor und zwischen dem Burg- und Kärntnerthor“ als dringend nöthig bezeichnet “). Erst 1548 begann der Bau einer Bastei bei dem Kärntnerthore und die „Bastey bei den Schotten“ (Mölker-Bastei) wurde der Vollendung nahe gebracht. Noch Manches geschah im Verlaufe der ferneren Jahre. Doch scheint man dies stets als unzureichend betrachtet zu haben, wie dies * 3 *) Landstrasse. a) In der altdeutschen Befestigung wurde jenes Werk der Hauptbefestigung, welches alle ihm vorliegenden an Höhe überragte, eventuell dieselben beherrschte, Katze genannt. 3) Diese Angaben stehen völlig in Übereinstimmung mit einem iin Kriegs- Archive erliegenden Originalplane vom Jahre 1547, in welchem einzelne Basteien als bereits vollendet, andere als blos projectirt ersichtlich sind.