Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Friedrich Spigl, Hauptmann im k. k. Kriegs-Archive: Repressalien-Gefechte an der croatisch-türkischen Grenze in der Zeit von 1809 bis 1845
in der Zeit von 1809 bis 1845. 3 starren Präcepte gestatteten den Moslems, sie mit den aus ihrer jeweiligen politischen Lage entspringenden Notliwendigkeiten in Einklang zu bringen. Die im Südosten Europa’s im Namen des Glaubens von den Send- lingen des Islam verübten Unthaten sind weit entfernt im Geiste des letzteren gelegen; sie fallen lediglich der sittlichen Beschaffenheit der ersteren zur Last. Während der Araber bei Erfüllung der islamitischen Mission seine Pfade mit Denkmälern idealer Tugenden besetzte und im Kalifate von Cordua die höchste Culturstufe jener Zeit erreichte, fegte der Türke Alles hinweg, was ihm an Werken menschlichen Geistes und Fleisses auf seinem Wege begegnete, ohne die Welt durch irgend eine nennenswertlie eigene Schöpfung dafür schadlos zu halten. Bei den schroffen Gegensätzen, welche beide Völker in ihrer Auffassung und Anwendung des Islam am Forum der Weltgeschichte darbieten, entscheidet das geschriebene Wort des Koran zu Gunsten des ersteren. Die im Laufe des 18. Jahrhundertes allmälig durchgeführten Reformen des Militär-Grenz-Institutes verbesserten dessen Functionstüchtigkeit so weit, dass die in Siebenbürgen und hinter den Grenzströmen ansässigen Völkerschaften gegen räuberische Einfälle der Türken ausgiebig geschützt werden konnten; — im Westen jedoch, wo die Grenzflüsse watbar sind, oder wo eine Flussgrenze gar nicht besteht und das bewaldete Berg- und Hügelland den Übertritt begünstigt, da konnte auch die sorgfältigste Bewachung der Grenze nicht genügen, das eigene Gebiet gegen Verheerungen seitens der stets lauernden bosnischen Türken zu schützen. Auch das im Rücken der eigentlichen Militär-Grenze mit anerkennenswertlier Berechnung organi- sirte Alarm-System vermochte nicht hintanzuhalten, dass kühne Räubertrupps, meist im Frühjahre oder zur Erntezeit, auch diese zweite Abwehrzone durchbrachen, die nächstgelegenen ungarischen Landestheile und die angrenzenden innerösterreichischen Provinzen, Untersteier und Krain, brandschatzend durchzogen; ja, zu Lande selbst bis in’s venetianische Friaul streiften. Der Schaden, welchen diese Horden den heimgesuchten Gegenden durch Raub und Verwüstungen zufügten, betrug, nach den officiellen Schätzungen der Landstände, jährlich sehr bedeutende Summen; grösser aber waren die Nachtheile, welche jenen Ländern aus der dadurch hervorgerufenen öffentlichen Unsicherheit erwuchsen. Ackerbau, Handel und Gewerbe lagen völlig darnieder und jeder wirth- schaftliclie Aufschwung stockte. Diese Landplage, welche zu verschiedenen Zeiten die Steuerkraft der betroffenen, sonst gesegneten Landstriche gänzlich aufhob, erhielt die Bevölkerung derselben unaufhörlich in drückender Noth. 1